Wenn Staaten und Unternehmen kritische Stimmen unterdrücken und gegen politisch Andersdenkende vorgehen, schränken sie den zivilgesellschaftlichen Raum ein. Doch diesen Raum braucht jede demokratische, auf Menschenrechten basierende Gesellschaft – sei es auf der Straße, auf Social Media oder im Gerichtssaal.
So zielen etwa unverhältnismäßige Maßnahmen zur „Terrorismusbekämpfung“, die digitale Überwachung von Journalist*innen und Aktivist*innen oder die zunehmende Kriminalisierung von Solidarität mit Geflüchteten darauf ab, die Zivilgesellschaft an ihrer Arbeit zu hindern. Und: Solche autoritären Praktiken kommen in Demokratien und Diktaturen gleichermaßen vor.
Im letzten Jahrzehnt haben weltweite intersektionale Notlagen wie die Klimakrise, der zunehmende Rechtspopulismus und die Pandemie die Zivilgesellschaften vor zusätzliche kollektive Herausforderungen gestellt, wenn auch in unterschiedlichem Maße. Doch Aktivist*innen, NGOs und Künstler*innen leisten ständig Widerstand und entwickeln neue Strategien, um ihren Raum (zurück) zu erobern.
Das ECCHR arbeitet in Kooperation und Solidarität mit zivilgesellschaftlichen Akteuren auf der ganzen Welt zusammen. Viele unserer Partner*innen – sei es in Mexiko, Gambia oder Italien – werden bedroht, überwacht, oder sogar körperlich angegriffen. Das Projekt Shrinking Spaces und autoritäre Systeme soll sie dabei unterstützen, Widerstand zu leisten und neue Wege zur Stärkung der progressiven zivilen Kraft zu finden. Durch rechtliche und diskursive Interventionen wollen wir nicht nur darauf aufmerksam machen, wie der zivile Raum angegriffen wird, sondern auch darauf, wer ihn wie verteidigt.
Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Wenn ein autoritäres Regime ein Land regiert, steht die Zivilgesellschaft fast immer unter massivem Druck. So auch in Gambia, wo von 1994 bis 2017 Yahya Jammeh die Regierung führte. Seine Streit- und Sicherheitskräfte schufen eine Atmosphäre der Angst, in der die Zivilgesellschaft und kritische Stimmen systematisch eingeschüchtert und unterdrückt wurden.
Indigene Rechte
Im zentralindischen Bundesstaat Chhattisgarh, der im Jahr 2000 aus Madhya Pradesh herausgelöst wurde, um die staatlich geförderte und von Unternehmen gesteuerte Rohstoffgewinnung zu erleichtern, werden die Rechte der Adivasi (indigene Völker Indiens) von mächtigen staatlichen, militärischen und unternehmerischen Akteuren systematisch verletzt.
Seenotrettung
Das Schiff Iuventa rettete Geflüchtete und Migrant*innen im Mittelmeer vor der libyschen Küste. Damit leistete es humanitäre Hilfe für Menschen, die keine Chance auf staatliche Seenotrettung hatten. Im August 2017 aber beschlagnahmten italienische Behörden die Iuventa und verhinderten damit weitere Rettungseinsätze. Im Mai 2022 begann das Vorverfahren gegen viert Mitglieder der Iuventa-Crew.
Überwachungstechnologie
Die syrischen Geheimdienste sammeln anlasslos Informationen über politisch unliebsame Personen. Die Spionage geht oft Hand in Hand mit Folter. Zur Überwachung trägt mutmaßlich unter anderem auch Software westlicher Software-Unternehmen bei. Aus Sicht des ECCHR erfordert das transnationale Ermittlungen.
Repression
Die systematische Unterdrückung der belarussischen Bevölkerung ist als Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu qualifizieren. In Deutschland kann der Generalbundesanwalt auf Grundlage des Weltrechtsprinzips tätig werden, wenn Völkerrechtsverbrechen begangen werden.
Überwachung
Das Firmenkonglomerat FinFisher aus München soll ohne Genehmigung Überwachungssoftware an die türkische Regierung verkauft haben. Die Erfahrung zeigt: Auf die digitale Überwachung folgen in repressiven Staaten oft Haft und Folter. Nach einer Strafanzeige des ECCHR und seiner Partnerorganisationen ermittelt die Münchner Staatsanwaltschaft, FinFisher musste im März 2022 Insolvenz anmelden.