Seit Juli 2019 ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen das Firmenkonglomerat FinFisher, zu dem auch FinFisher Labs und Elaman gehörten. Bereits im Oktober 2020 ließ die Staatsanwaltschaft FinFisher-Büros in Deutschland und Rumänien durchsuchen. Sie teilte mit, dass sie die Konten der Unternehmen gepfändet hat. FinFisher musste seine Geschäftstätigkeiten daraufhin einstellen und meldete im März 2022 Insolvenz an. Im Mai 2023 erhebt die Staatsanwaltschaft Klage gegen vier Verantwortliche der FinFisher-Unternehmensgruppe. Sie wirft ihnen vor, als damalige Geschäftsführer von GmbHs der FinFisher-Gruppe durch den Verkauf von Überwachungssoftware an Nicht-EU-Länder vorsätzlich gegen Genehmigungspflichten für Dual-Use-Güter verstoßen und sich damit strafbar gemacht zu haben.
FinFisher soll FinSpy ohne Genehmigung der Bundesregierung an die türkische Regierung verkauft haben. Welche Folgen der Einsatz von Überwachungssoftware haben kann, zeigt die Erfahrung aus Fällen in Syrien und Bahrain: Auf die digitale Überwachung folgen in repressiven Staaten oft Haft und Folter. Im Globalen Norden ansässige Softwarehersteller weisen jedoch meist jede Verantwortung dafür von sich.
Ist erst einmal ein Mobiltelefon infiltriert, verleiht die Überwachungssoftware FinSpy absolute Kontrolle. Personen, deren Mobiltelefon mithilfe von FinSpy überwacht wird, können jederzeit lokalisiert werden, ihre Telefongespräche und Chats können mitgeschnitten und alle Handy- und Computerdaten ausgelesen werden. In der Türkei tauchte FinSpy im Sommer 2017 auf einer als Mobilisierungs-Homepage der türkischen Oppositionsbewegung getarnten Webseite auf. Die Software war als App getarnt, deren Download den Teilnehmer*innen von regierungskritischen Demonstrationen empfohlen wurde. So wurde wahrscheinlich die Überwachung einer großen Zahl politischer Aktivist*innen und Medienschaffender ermöglicht.
Der mutmaßlich illegale Export von Überwachungssoftware an die türkische Regierung ist angesichts der Repressionen gegen Journalist*innen und Oppositionelle in der Türkei besonders kritisch. Nach dem gescheiterten Putschversuch von Teilen des türkischen Militärs im Juli 2016 wurden mehr als 50.000 Menschen verhaftet; fast 140.000 Menschen wurden aus ihren Berufen entfernt, hunderte Medienorgane wurden geschlossen.