Strafanzeige gegen illegalen Export von Überwachungssoftware zeigt Wirkung

FinFisher-Unternehmensgruppe stellt nach Kontopfändung durch Staatsanwaltschaft den Geschäftsbetrieb ein

28.03.2022

Nach einer Strafanzeige der Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V., Reporter ohne Grenzen (RSF), des European Centers for Constitutional and Human Rights (ECCHR) und netzpolitik.org wegen illegaler Exporte von Überwachungssoftware hat die Münchener Unternehmensgruppe FinFisher den Geschäftsbetrieb eingestellt. Die Staatsanwaltschaft München teilte mit, dass sie die Konten der Unternehmen gepfändet hat. Die FinFisher GmbH und zwei Partnerfirmen beantragten daraufhin die Insolvenz. 

„Die FinFisher GmbH ist aufgelöst. Ihr Geschäft mit illegalen Exporten von Überwachungssoftware an repressive Regime ist gescheitert. Das ist ein direkter Erfolg unserer Strafanzeige“, betont Sarah Lincoln, Juristin und Verfahrenskoordinatorin der GFF. 

Die FinFisher GmbH und ihre Partnerfirmen produzierten und vertrieben weltweit den Staatstrojaner FinSpy. Mit Hilfe dieser Spyware können Polizei und Geheimdienste Menschen lokalisieren, ihre Telefongespräche und Chats mitschneiden und alle Handy- und Computerdaten auslesen. „Der Einsatz von Überwachungssoftware ist ein massiver Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen, der insbesondere in Ländern mit repressiven Regimen dramatische Folgen haben kann – für Journalisten und ihre Quellen, ebenso wie für Aktivistinnen und Oppositionelle“, sagt Lisa Dittmer, Referentin für Internetfreiheit bei RSF. 

Der Export solcher Überwachungssoftware in Länder außerhalb der EU ist seit 2015 europaweit genehmigungspflichtig, Verstöße sind strafbar. Die Bundesregierung hat seit 2015 keine Exportgenehmigungen für Überwachungssoftware erteilt. Dennoch tauchen aktuelle Versionen des FinSpy-Trojaner immer wieder in Ländern mit repressiven Regimen auf, etwa in der Türkei, in Ägypten oder in Myanmar. Ein breites Bündnis von Menschenrechts- und Pressefreiheitsorganisationen wirbt seit Jahren für ein Moratorium für den Verkauf, die Weitergabe und die Nutzung von Überwachungstechnologie. Es soll gelten, bis ein angemessener weltweit gültiger Rechtsrahmen geschaffen ist. 

„Bislang konnten Firmen wie FinFisher trotz europäischer Exportregulierung fast ungehindert weltweit exportieren. Die strafrechtlichen Ermittlungen waren längst überfällig und führen hoffentlich zeitnah zur Anklage und Verurteilung der verantwortlichen Geschäftsführer ", sagt Miriam Saage-Maaß, Legal Director beim ECCHR. „Aber auch darüber hinaus müssen die EU und ihre Mitgliedstaaten viel entschiedener gegen den massiven Missbrauch von Überwachungstechnologie vorgehen“.

Bereits Ende 2020 hatte die Staatsanwaltschaft München die Geschäftsräume und mehrere Privatwohnungen durchsuchen lassen. Mit dem Vermögensarrest wollte die Staatsanwaltschaft sicherstellen, dass nach einer möglichen Verurteilung die illegal erzielten Gewinne abgeschöpft werden können. Dieses Ziel hat sich zerschlagen, weil die betroffenen Unternehmen kurz nach der Pfändung Insolvenz anmeldeten und die Pfändung damit hinfällig wird. Netzpolitik.org berichtete zu diesen Entwicklungen heute morgen ausführlich.

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