"Geschäft ist Geschäft": Unternehmer*innen verstehen ihr Handeln gerne als rechtlich und politisch neutral. Doch sei es durch die Lieferung von Überwachungstechnologien an repressive Regime oder den Kauf von Rohstoffen aus Konfliktregionen – wirtschaftliche Akteure können die Verfolgung von Oppositionellen ermöglichen, bewaffnete Konflikte anfachen und in manchen Fällen sogar Beihilfe zu Kriegsverbrechen leisten. Was das Völkerrecht dagegen leisten kann, zeigten schon die Nürnberger Prozesse und deren Nachfolgeprozesse: Bei schweren Menschenrechtsverbrechen gehören nicht nur politische und militärische Befehlshaber*innen vor Gericht. Auch die Rolle von Unternehmer*innen und Manager*innen in Diktaturen und Kriegen kann strafrechtlich verfolgt werden.
Cluster
Wirtschaft, Krieg & Diktaturen
fälle (17)
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Jemen – Waffenexporte – Deutschland
Die tödliche Normalität von Rüstungsgeschäften
Eurofighter, Tornados und Bomben der Serie MK 80 sind nur einige der in Europa produzierten Waffen, die nachweislich im Jemenkrieg eingesetzt wurden. Dass die Militärkoalition um Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) bei ihren Angriffen im Jemen weder Privathäuser noch Schulen, Märkte oder Krankenhäuser verschonte, ist ebenfalls gut dokumentiert. Trotz dieser offensichtlichen Kriegsverbrechen und überwältigender Beweise für Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht haben europäische Behörden diese Waffenexporte genehmigt. In vielen Fällen, wie bei von Saudi Arabien eingesetzten Kampfflugzeugen, kamen und kommen wichtige Waffenbestandteile auch aus Deutschland.
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Jemen – Waffenexporte – Frankreich
Kriegsverbrechen im Jemen: Strafanzeige gegen französische Waffenfirmen
Durch Waffenlieferungen an die Militärkoalition um Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate machen sich französische Waffenunternehmen möglicherweise mitschuldig an Kriegsverbrechen gegen Zivilist*innen im Jemen. Das ECCHR zusammen mit Mwatana for Human Rights und Sherpa reichte im Juni 2022 eine Strafanzeige beim Pariser Gerichtshof ein.
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Jemen – Waffenexporte – Europa
Bombenangriffe made in Europe
Trotz tausender Angriffe auf zivile Häuser, Märkte, Krankenhäuser und Schulen – geplant und durchgeführt von der Militärkoalition um Saudi-Arabien und die VAE – lieferten und liefern transnationale Unternehmen aus Europa Waffen, Munition und logistische Unterstützung an die Staaten der Militärkoalition. Europäische Waffenexportbehörden genehmigen diese Lieferungen.
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Türkei – Überwachung – FinSpy
Überwachungssoftware „made in Germany“ für türkische Behörden? Staatsanwaltschaft klagt FinFinisher-Verantwortliche an
Das Firmenkonglomerat FinFisher aus München soll ohne Genehmigung Überwachungssoftware an die türkische Regierung verkauft haben. Die Erfahrung zeigt: Auf die digitale Überwachung folgen in repressiven Staaten oft Haft und Folter. Nach einer Strafanzeige des ECCHR und seiner Partnerorganisationen ermittelt die Münchner Staatsanwaltschaft, FinFisher musste im März 2022 Insolvenz anmelden. Im Mai 2023 erhob die Münchner Staatsanwaltschaft nun Anklage gegen vier Verantwortliche der Unternehmensgruppe.
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Brasilien – Militärdiktatur – Volkswagen
Volkswagen in Brasilien: Autokonzern kooperierte mit Militärdiktatur
Mercedes Benz in Argentinien, Volkswagen in Brasilien. Wirtschaftliche Akteure wie die großen internationalen Automobilkonzerne waren nicht nur Nutznießer der Militärdiktaturen in Lateinamerika. Einige Fälle lassen sogar auf eine Komplizenschaft bei der Verhaftung und Folter von Gewerkschafter*innen schließen.
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Syrien – Überwachungstechnologie – Unternehmensverantwortung
Überwachung in Syrien: Europäische Firmen im Verdacht der Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Die syrischen Geheimdienste sammeln anlasslos Informationen über politisch unliebsame Personen. Die Spionage geht oft Hand in Hand mit Folter. Zur Überwachung trägt mutmaßlich unter anderem auch Software westlicher Software-Unternehmen bei. Aus Sicht des ECCHR erfordert das transnationale Ermittlungen.
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Mexiko – Waffenexporte – Heckler & Koch
Brutale Polizeiaktion in Mexiko: Verantwortung von deutscher Waffenfirma Heckler & Koch
Im Februar 2019 verurteilte das Landgericht Stuttgart Mitarbeitende des Waffenherstellers Heckler & Koch wegen illegaler Lieferung von Sturmgewehren nach Mexiko. Das Landgericht hat geprüft, ob Heckler & Koch zwischen 2006 und 2009 Gewehre des Typs G36 an die Polizei im Bundesstaat Guerrero lieferte, obwohl die deutschen Behörden den Export nicht genehmigt hatten. 2021 bestätigte der Bundesgerichtshof das Urteil weitgehend.
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Jemen – Waffenexporte – RWM Italia
Europas Verantwortung für Kriegsverbrechen im Jemen
Im Oktober 2016 tötete ein Luftangriff – offenbar des von Saudi-Arabien angeführten Militärbündnisses – im Dorf Deir Al-Ḩajārī im Jemen eine sechsköpfige Familie. Die absichtliche und gezielte Bombardierung der Zivilbevölkerung oder einzelner unbeteiligter Zivilist*innen sind Kriegsverbrechen. Das ECCHR geht juristisch dagegen vor.
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Südafrika – Apartheid – Deutsche Unternehmen
Entschädigungsklage gegen Daimler und Rheinmetall wegen Förderung der Apartheidsverbrechen
In den sogenannten Apartheid-Klage-Verfahren haben Betroffene des südafrikanischen Apartheidregimes Schadensersatzansprüche gegen mehrere Unternehmen (u.a. Daimler und Rheinmetall) geltend gemacht. Die Kläger werfen den Unternehmen vor, Menschenrechte in Südafrika verletzt oder Verletzungen nicht verhindert zu haben.
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Syrien – Bewaffneter Konflikt – Lafarge
Französisch-Schweizer Konzern: Verdacht der Beihilfe zu schwersten Verbrechen in Syrien
Seit Dezember 2017 ermittelt die französische Justiz gegen das weltweit größte Zementunternehmen Lafarge. Elf Syrer hatten gemeinsam mit dem ECCHR Strafanzeige gegen das Unternehmen eingereicht. Der Vorwurf: Durch die Geschäfte in Syrien, u.a. mit dem IS, habe das Unternehmen Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit geleistet.
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Argentinien – Militärdiktatur – Ledesma
Beteiligung des Zuckerunternehmens Ledesma an Verbrechen der Militärdiktatur Argentiniens
2011 hat das ECCHR ein Rechtsgutachten eingereicht, in dem die Verantwortung des Zuckerherstellers Ledesma für Menschenrechtsverletzungen während der argentinischen Militärdiktatur untersucht wird.
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Argentinien – Militärdiktatur – Mercedes Benz
Mercedes Benz unterstützte die argentinische Militärdiktatur
Im Fall Mercedes Benz Argentina unterstützt das ECCHR die Angehörigen verschwundener Gewerkschafter aus einem Mercedes Benz Werk bei Buenos Aires. Diese werfen dem Unternehmen vor, dass ein leitender Manager an dem Verschwinden und der Tötung kritischer Gewerkschafter*innen durch argentinische Sicherheitskräfte beteiligt war.
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Nigeria – Folter – Shell
Das Kiobel-Verfahren: ECCHR unterstützt Betroffene von Unternehmensunrecht vor dem US Supreme Court
Das ECCHR hat Betroffene von Unternehmensunrecht vor dem US Supreme Court unterstützt. Im Kiobel-Fall machten die Kläger geltend, dass der Ölkonzern Shell durch seine nigerianische Tochterfirma Beihilfe zu Verbrechen wie Folter und extralegalen Hinrichtungen geleistet habe.
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Demokratische Republik Kongo – Polizeigewalt – Danzer
Kein Verfahren gegen leitenden Mitarbeiter der Danzer Group wegen Menschenrechtsverletzungen in der Demokratischen Republik Kongo
Das ECCHR hat 2013 Strafanzeige gegen einen deutschen Manager des Holzhandelsunternehmens Danzer Group eingereicht. Ihm wird vorgeworfen, es pflichtwidrig unterlassen zu haben, Verbrechen (u.a. Vergewaltigung, Körperverletzung, Freiheitsberaubung) durch kongolesische Sicherheitskräfte zu verhindern.
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Kolumbien – Gewerkschafter*innen – Nestlé
Die Ermordung des Nestlé-Arbeiters Romero in Kolumbien
2012 hat das ECCHR eine Strafanzeige gegen leitende Mitarbeiter von Nestlé sowie gegen das Unternehmen als solches eingereicht. Der Vorwurf: Die Nestlé-Manager haben es pflichtwidrig unterlassen, Verbrechen durch kolumbianische paramilitärische Gruppen zu verhindern oder ihre Gewerkschafter*innen angemessen zu schützen.
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Vereinigtes Königreich – Überwachung – Gamma/FinFisher
Gamma/FinFisher: Großbritannien rügt deutsch-britschen Software-Hersteller
Die deutsch-britische Softwarefirma Gamma International hat mit dem Export von Produkten wie dem Trojaner FinFisher gegen menschenrechtliche Verpflichtungen verstoßen. Das stellte die britische OECD-Kontaktstelle 2015 fest. Das ECCHR hat 2013 in London eine Beschwerde gegen Gamma eingereicht.
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Argentinien – Militärdiktatur – Minera Aguilar
Untersuchung der Beteilung von Bergabauunternehmen an Verbrechen der argentinischen Militärdiktatur
Im Dezember 2012 hat das ECCHR in dem Verfahren der Diktaturopfer Bazán, Avelino u.a. eingereicht. Konkret geht es um die unrechtmäßige Festnahme und Folterung von 27 Arbeitern der Compañía Minera Aguilar S.A. während der argentinischen Militärdiktatur (1976-1983).