Beteiligung des Zuckerunternehmens Ledesma an Verbrechen der Militärdiktatur Argentiniens

Argentinien – Militärdiktatur – Ledesma

Im April 2011 hat das ECCHR ein Rechtsgutachten in dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren in Jujuy eingereicht, in dem die Verantwortung des Unternehmens Ledesma für Menschenrechtsverletzungen während der argentinischen Militärdiktatur untersucht wird.

In diesem Gutachten wird ebenfalls auf die Verpflichtung der argentinischen Justiz sowie der argentinischen Regierung hingewiesen, Menschenrechtsverletzungen privatwirtschaftlicher Akteure während der Militärdiktatur ermitteln und strafverfolgen zu lassen.

Fall

Die Ladung bezieht sich insbesondere auf die mutmaßliche Verantwortlichkeit von Unternehmenschef Pedro Blaquier, sowie den ehemaligen Geschäftsführer Alberto Lemos, für die illegale Freiheitsberaubung der Opfer der sogenannten Nacht des Stromausfalls (La Noche del Apagón) im Juli 1976.

Im Rahmen der „Nacht des Stromausfalls“ im Juli 1976 wurden ca. 400 Personen, die Mehrheit Gewerkschafter*innen und Angestellte von Ledesma, von Militärs verschleppt, und zwar in Lastwagen, wovon einige mit dem Unternehmenslogo von Ledesma gekennzeichnet waren. 55 Personen bleiben weiterhin verschwunden.

Kontext

Im Frühjahr 2012 hat das Bundesgericht im argentinischen Jujuy Blaquier und Lemos zu Vernehmungen im Mai 2012 geladen. Bei einer Durchsuchung der Geschäftsräume des Unternehmens Ende April 2012 wurden unter anderem für Ledesma erstellte Spionageberichte über später verschwunden gelassene Gewerkschafter*innen des Unternehmens entdeckt. Zum Beispiel über den ehemaligen Gewerkschaftsführer Jorge Osvaldo Weisz, der 1974 festgenommen und verschwunden gelassen wurde. Dies sind wichtige Indizien und Beweismittel für die Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Unternehmens für die hier in Rede stehenden Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Dokumente (1)

Glossar (2)

Definition

Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind schwere Verstöße gegen das internationale Völkerrecht, die durch eine systematische Angriffe gegen die Zivilbevölkerung gekennzeichnet sind. Sie zählen zu den Kernverbrechen des Völkerstrafrechts und unterliegen dem Weltrechtsprinzip. Zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit zählen z.B. Mord, ethnische Ausrottung, Versklavung und Deportation.

Themen (2)

Einblick

Argentinien

Von 1976 bis 1983 verschleppte, folterte und tötete die Militärdiktatur in Argentinien zehntausende Menschen. Anfang der 2000er Jahre wurden zahlreiche unmittelbare Täter*innen und hochrangige Verantwortliche für diese Verbrechen vor Gericht gebracht. Vieles muss jedoch noch juristisch aufgearbeitet werden – dies gilt insbesondere für die Frage nach der Verantwortung von Unternehmen für Verbrechen der Militärdiktatur. Das ECCHR unterstützt seit seiner Gründung Fälle zu Unternehmensverantwortung und hochrangingen Militärangehörigen in Argentinien.

Die Verfahren gegen Manager*innen von Mercedes Benz Argentinien, das Zuckerunternehmen Ledesma und das Bergbauunternehmen Minera Aguilar S.A. zeigen, dass Diktaturverbrechen immer auch eine ökonomische Dimension haben. In diesen Fällen unterstützten Mitarbeiter*innen der Unternehmen argentinische Sicherheitskräfte dabei, Gewerkschafter*innen und weitere Mitarbeiter*innen festzunehmen und zu verschleppen. Damit leisteten sie mutmaßlich Beihilfe zu den Verbrechen der Militärdiktatur, um wirtschaftliche Interessen voranzubringen.

Das ECCHR hat in den laufenden Verfahren zur Rolle von Mercedes Benz, Ledesma und Minera Aguilar jeweils Rechtgutachten eingereicht, die belegen, dass die Regierung und Justiz in Argentinien verpflichtet sind, auch privatwirtschaftliche Akteure für Menschenrechtsverletzungen während der Militärdiktatur zur Verantwortung zu ziehen.

Neben diesen Fällen war Wolfgang Kaleck, Gründer und Generalsekretär des ECCHR, jahrelang im Fall der Deutschen Elisabeth Käsemann juristisch aktiv. Käsemann hatte sich gegen die Militärdiktatur in Argentinien politische engagiert und wurde 1977 verschleppt und gefoltert. Die genauen Umstände ihres Todes sind bis heute nicht umfassend juristisch aufgearbeitet.

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