Definition
Internationaler Strafgerichtshof (IStGH)
Vor dem Internationalen Strafgerichtshof werden Kernverbrechen des Völkerstrafrechts (z. B. Kriegsverbrechen) verhandelt.
Mehr AnzeigenNach mehr als sechs Jahren beendete der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag im Dezember 2020 seine Vorermittlungen zu Kriegsverbrechen britischer Truppen im Irak. Die Entscheidung zeigt deutlich die Schwächen internationaler Strafjustiz – und beweist, erneut, dass mächtige Akteure selbst mit Folter davonkommen.
Das ECCHR hatte in den vergangenen Jahren mehrere Schriftsätze beim IStGH eingereicht, in denen es argumentierte, dass Großbritannien es bis heute nicht geschafft hat, die Systematik der Verbrechen im Irak aufzuarbeiten. Das Land versagte komplett, die hochrangigen Verantwortlichen zu ermitteln und vor Gericht zu bringen. Obwohl der IStGH feststellte, dass britische Soldat*innen im Irak Kriegsverbrechen begingen, versäumte auch er es, die Straflosigkeit endlich zu beenden.
Hunderte Iraker, die während des Irak-Kriegs in britischer Gefangenschaft saßen, haben von Misshandlungen berichtet. Immer wieder wurden Gefangene gequält – mit heftigen Schlägen, Schlaf- und Nahrungsentzug, sogenannten Stresspositionen, sexueller und religiöser Erniedrigung oder auch sexualisierter Gewalt.
In einigen Fällen stimmten Überlebende außergerichtlichen Vergleichen mit dem britischen Verteidigungsministerium zu. Doch bis heute gab es innerhalb Großbritanniens keine Ermittlungen zur Rolle und Verantwortung hochrangiger Militärs bei den Misshandlungen. Weil in Großbritannien eine umfassende Aufklärung der Verbrechen unwahrscheinlich bleibt, hatte das ECCHR den IStGH aufgefordert, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten.
Seit 2014 führte die Anklagebehörde des IStGH (Office of the Prosecutor) vorläufige Untersuchungen zu den Kriegsverbrechen britischer Militärs im Irak durch. Die Ermittlungen wurden eingeleitet, nachdem das ECCHR zusammen mit der Organisation Public Interest Lawyers eine 250-seitige Strafanzeige eingereicht hatte, die die systematische Misshandlung Gefangener durch britische Militärs dokumentiert.
2017 erklärte die Anklagebehörde dann, dass es begründete Hinweise auf Kriegsverbrechen gibt – darunter vorsätzliche Tötung/Mord, Folter, unmenschliche Behandlung, Vergewaltigung und andere Formen sexualisierter Gewalt.
Das ECCHR betonte in einem darauffolgenden Schriftsatz, dass Großbritannien dabei versagt, nationale Ermittlungen zu den Folterfällen einzuleiten. Dennoch stellte die Anklagebehörde des IStGH im Dezember 2020 die Vorermittlungen ein.
Informieren Sie sich hier über den rechtlichen Hintergrund der IStGH-Einreichungen des ECCHR.
The use of “stress positions,” sleep deprivation, sensory deprivation (including hooding), food and water deprivation as well as beating and other forms of abuse have been used by British forces and intelligence services as part of counter-insurgency and interrogation efforts for decades, from Malaya and Kenya to Aden and Northern Ireland. These techniques are often applied in combination and will in many cases reach the level of torture under international law. Subjecting detainees to such techniques is prohibited by the Geneva Conventions as well as the European Convention on Human Rights. They also represent war crimes under the Rome Statute of the International Criminal Court.
Available evidence suggests that the responsibility for the widespread abuse of detainees by UK forces in Iraq from 2003 extends up the chain of command to several of the military and civilian superiors who oversaw the arrest, detention and interrogation of Iraqis.
With its work on this case, ECCHR aims to help obtain justice for Iraqis who were subjected to abuse in UK detention in Iraq from 2003 to 2008. We also aim to challenge the impunity enjoyed by those ultimately responsible for these widespread war crimes, namely individuals who held senior positions in the British Army and Ministry of Defence. Criminal investigations and proceedings at the International Criminal Court would represent an acknowledgement that war crimes were committed by UK forces and send a clear message that such crimes should not and will not go unpunished.
ECCHR works to challenge double standards in the application of international law. International crimes such as torture are subject to an absolute prohibition under various conventions including the Geneva Convention and the UN Convention against Torture. These laws must be enforced, including in cases of violations by powerful states. With this work ECCHR seeks to uphold and enforce the absolute prohibition of torture all over the world.
The International Criminal Court can investigate and prosecute what are known as core crimes under international criminal law, including genocide, crimes against humanity and war crimes. It is a court of last resort, i.e. it can only take action in the absence of genuine national proceedings.
The UK ratified the Rome Statute of the International Criminal Court in 2001. The ICC therefore has jurisdiction over war crimes, crimes against humanity and genocide committed by UK nationals or on the territory of the United Kingdom as of 1 July 2002, the date of the entry into force of the Rome Statute.
The UK has to date failed to conduct any genuine investigations examining those bearing the greatest responsibility for war crimes in Iraq, i.e. senior military and civilian officials who oversaw, ordered or tolerated war crimes. As such, it falls to the International Criminal Court to ensure that the crimes do not go unpunished.
The legality of the decision to go to war in Iraq does not fall within the jurisdiction of the International Criminal Court. The amendment to the Rome Statute concerning the crime of aggression came into force on 17 July 2018. This crime relates to the planning, preparation, initiation or execution of an act of aggression which, by its character, gravity and scale, constitutes a manifest violation of the UN Charter. This amendment, which the UK has yet to ratify, does not apply retroactively.
In December 2020, the ICC’s Office of the Prosecutor decided to close its preliminary examination. The decision is based on the requirement in the ICC Rome Statute that a case is only admissible if a state is unable or unwilling to prosecute. The test for unwillingness must determine if a state intentionally shields perpetrators from prosecution. The OTP did not find sufficient evidence to prove such shielding by UK judicial authorities and thus closed the situation. However, the OTP confirmed the war crimes allegations made in ECCHR’s submissions and harshly criticized the overall domestic investigations, prosecutions and attacks on lawyers representing Iraqi victims. The OTP announced the possibility of reopening investigations should certain information come to light that would enable them to prove the UK is unable or unwilling to prosecute.
Press release: War crimes by UK Forces in Iraq: Negative decision by the ICC Prosecutor is a severe blow to Iraqi torture victims and international justice (Arabic)
Q&A: War crimes by UK forces in Iraq
Request for review of the prosecutor’s decision not to open an investigation (July 2021)
Executive summary of the request (July 2021)
Follow-up Submission to ICC OTP (Juli 2019)
Follow-up Submission to ICC OTP (September 2017)
Follow-up Submission to ICC OTP (Juni 2017)
Submission to ICC OTP (Januar 2014)
Pressemitteilung: Folter im Irak: Internationaler Strafgerichtshof geht in Vorermittlungs-Phase gegen Großbritannien (Dezember 2017)
Pressemitteilung: Folter im Irak: Ermittlungen gegen britische Militärs sind Meilenstein für internationale Justiz (Mai 2014)
Pressemitteilung: Der Internationale Strafgerichtshof muss die Kriegsverbrechen von britischen Militärs an irakischen Gefangenen untersuchen (Januar 2014)
Vor dem Internationalen Strafgerichtshof werden Kernverbrechen des Völkerstrafrechts (z. B. Kriegsverbrechen) verhandelt.
Mehr AnzeigenDer Komplementaritätsgrundsatz bezeichnet die Beziehung zwischen dem Internationalen Strafgerichtshof und nationalen Gerichten.
Mehr AnzeigenKriegsverbrechen sind schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht, die in bewaffneten Konflikten begangen werden.
Mehr AnzeigenAls sexualisierte Gewalt bezeichnet man aggressive Handlungen mit geschlechtlichem Bezug. Sexualisierte Gewalt ist die kontrollierte Ausübung von Macht auf eine Person, nicht das Ausleben sexueller Bedürfnisse.
Mehr AnzeigenEine vorläufige Untersuchung ist ein Vorgang, bei dem die Anklagebehörde des Internationalen Strafgerichtshofs entscheidet, ob in einem Fall ermittelt werden kann oder soll.
Mehr AnzeigenVor dem Internationalen Strafgerichtshof werden Kernverbrechen des Völkerstrafrechts (z. B. Kriegsverbrechen) verhandelt.
Mehr AnzeigenIn Fragen der Menschenrechte messen Entscheidungsträger*innen der westlichen Demokratien allzu oft mit „zweierlei Maß“. Die Einzelfälle des ECCHR zielen auch immer darauf ab, politische, wirtschaftliche und rechtliche Lücken sichtbar zu machen und so die Entscheidungsträger*innen im Globalen Norden zu zwingen, ihre Doppelstandards zu hinterfragen – und im besten Fall zu beenden.
Mehr AnzeigenDie Rechtslage ist eindeutig: Folter ist unter allen Umständen verboten. Wer Folter anwendet, anordnet oder billigt, muss sich dafür vor Gericht verantworten. So sieht es die UN-Antifolterkonvention vor. 146 Staaten haben die Konvention ratifiziert.
Mehr AnzeigenGezielte Angriffe auf Zivilpersonen; Folter von Gefangenen; sexuelle Sklaverei – wenn diese und weitere Verbrechen in bewaffneten Konflikten begangen werden, handelt es sich laut dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshof um Kriegsverbrechen. Auch wenn die internationale Strafjustiz Möglichkeiten bietet, Kriegsverbrechen zu verfolgen, werden die Verantwortlichen dafür allzu oft nicht belangt.
Mehr AnzeigenIn Fragen der Menschenrechte messen Entscheidungsträger*innen der westlichen Demokratien allzu oft mit „zweierlei Maß“. Die Einzelfälle des ECCHR zielen auch immer darauf ab, politische, wirtschaftliche und rechtliche Lücken sichtbar zu machen und so die Entscheidungsträger*innen im Globalen Norden zu zwingen, ihre Doppelstandards zu hinterfragen – und im besten Fall zu beenden.
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