Berlin, 5. Dezember 2017 – Die Eröffnung einer formalen Untersuchung der Straftaten britischer Militärs im Irak ist einen Schritt näher gerückt. Die Anklagebehörde des Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag geht zur nächsten Phase ihrer Vorermittlungen über.
Am 4. Dezember 2017 gab die Anklagebehörde (Office of the Prosecutor, OTP) in ihrem Jahresbericht bekannt, dass sie einen Anfangsverdacht (reasonable basis) für Kriegsverbrechen von britischen Militärs an irakischen Gefangenen sieht. Die Behörde geht nun in Phase 3 ihrer Ermittlungen und untersucht die Frage nach der Schwere der Verbrechen sowie die Frage, ob die Strafverfolgung in UK ausreicht (sogenannte Komplementarität). Die Einschätzung der Komplementarität dient der Entscheidung, ob der IStGH ein formales Verfahren gegen Großbritannien einleitet.
„Das britische Verteidigungsministerium hat seit 2004 nichts unversucht gelassen, um jede Art von Ermittlung zu den Menschenrechtsverbrechen britischer Soldaten im Irak zu verhindern“, sagte ECCHR-Generalsekretär Wolfgang Kaleck. Im Juni 2017 beispielsswiese entschied das Ministerium schließlich, die Arbeit der Untersuchungskommission (Iraq Historic Allegations Team) einzustellen – noch bevor diese Kommission ihre Untersuchungen zum Missbrauch irakischer Gefangener durch britisches Militär abschließen konnte. „Angesichts der Entwicklung in Großbritannien sind die Einschätzung und Entscheidung der Anklagebehörde besonders zu begrüßen.“
Aus diesem Grund hatte sich das ECCHR im Juni und September 2017 erneut an den IStGH gewandt. Das ECCHR fordert die Anklagebehörde des IStGH auf, es nicht bei den laufenden vorläufigen Untersuchungen zu Kriegsverbrechen durch britische Truppen im Irak zwischen 2003 und 2008 zu belassen, sondern auf ein formelles Ermittlungsverfahren hinzuwirken. Ziel ist insbesondere die Untersuchung der Rolle und Verantwortung hochrangiger Entscheidungsträger aus Politik und Armee in Großbritannien.