Gewalt gegen Menschenrechts-verteidiger*innen in Kolumbien: Jetzt ist Den Haag gefragt

Kolumbien – Repression – Menschenrechtsverteidiger*innen

Morddrohungen, Telefonüberwachung, Entführungen von Angehörigen – die kolumbianische Regierung versucht, Menschenrechtsverteidiger*innen mit allen Mitteln einzuschüchtern. Seit 2012 untersuchen und dokumentieren das ECCHR und seine kolumbianische Partnerorganisation Colectivo de Abogados José Alvear Restrepo (CCAJAR) die brutale Unterdrückung und Verfolgung von Gewerkschafter*innen, Umweltaktivist*innen oder auch Gemeindeleiter*innen in Kolumbien. Das Ausmaß der Verbrechen wie Mord, Folter oder Verschwindenlassen zeigt: Die kolumbianische Regierung greift systematisch die eigene Zivilbevölkerung an und begeht damit Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Die kolumbianische Justiz scheint nicht willens, die gezielte Repression zu verfolgen geschweigen denn aufzuarbeiten. Deswegen muss die internationale Strafjustiz handeln. Damit dies geschieht, hat das ECCHR zusammen mit CCAJAR im April 2018 eine Strafanzeige (communication) beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag eingereicht. Die Anzeige fordert die Ermittlungsbehörde (Office of the Prosecutor – OTP) auf, Untersuchungen aufzunehmen und die Verantwortlichen für die Verbrechen in Kolumbien zur Rechenschaft zu ziehen.

Fall

Allein 2016 wurden mindestens 98 Menschenrechtsverteidiger*innen in Kolumbien getötet. Viele weitere wurden mit unterschiedlichen Mitteln eingeschüchtert – sie wurden bis vor die Haustür verfolgt oder kamen unter falscher Anklage als „Guerilla-Kämpfer“ ins Gefängnis. Dies macht Kolumbien zu einem der gefährlichsten Länder für Menschenrechtsverteidiger*innen weltweit.

Zwischen 2002 und 2017 wurden in Kolumbien mehr als 4.000 Angriffe auf Menschenrechtsverteidiger*innen gezählt – darunter mehr als 600 Morde. Die kolumbianische Regierung unter den ehemaligen Präsidenten Alvaro Uribe Vélez und Juan Manuel Santos, leugnet(e) die systematische Unterdrückung. Deswegen werden die Verbrechen auch nur in den seltensten Fällen vor Gericht gebracht. Aus Angst vor weiteren Repressionen zeigen die Betroffenen die Verbrechen nur selten an – und wenn sie es tun, lehnen die Gerichte die Beschwerden oft unter fadenscheinigen Gründen ab. Die hochrangigen Verantwortlichen bleiben in der Regel straffrei.

Bereits 2012 und 2013 reichte das ECCHR zusammen mit CCAJAR Strafanzeigen beim IStGH ein und belegten, dass die systematische Gewalt gegen kolumbianische Gewerkschafter*innen ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellt. Mit den Anzeigen will das ECCHR den Druck auf den kolumbianischen Staat erhöhen, Menschenrechtsverteidiger*innen zu schützen und die Verbrechen an ihnen lückenlos aufzuklären.

Kontext

Die politische und wirtschaftliche Elite des Landes, darunter Parteifunktionär*innen und Großunternehmer*innen, sieht Menschenrechtsverteidiger*innen als direkte Gegner*innen und ihren Kampf für mehr soziale Gerechtigkeit – wie beispielsweise mehr Rechte für indigene Gruppen – als potentielle Bedrohung der eignen Privilegien. Staat, Militär und Polizei gehen deswegen mit aller Härte gegen die Aktivist*innen vor oder tolerieren die Gewalt zumindest. Unterstützt werden sie dabei von großen Unternehmen, die paramilitärische Gruppen beauftragen, um Land zu beschlagnahmen oder friedliche Proteste gegen Bergbauprojekte zu brechen.

Zitate

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Partner

Glossar (4)

Definition

Internationaler Strafgerichtshof (IStGH)

Vor dem Internationalen Strafgerichtshof werden Kernverbrechen des Völkerstrafrechts (z. B. Kriegsverbrechen) verhandelt.

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Einblick

Kolumbien

Kolumbien leidet seit Jahrzehnten unter einem bewaffneten Konflikt, der insbesondere die Zivilbevölkerung betrifft. Wegen des Ausmaßes und der Dauer der Gewalt müssen die Menschenrechtsverletzungen in Kolumbien dringend verhindert und auch juristisch aufgearbeitet werden.

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