CIA-Opfer El Masri: Deutschland muss sich für Entschädigung einsetzen

USA – Folter – El Masri

Der deutsche Staatsbürger Khaled El Masri wurde am 31. Dezember 2003 an der Grenze zwischen Serbien und Mazedonien von mazedonischen Beamten festgehalten und in ein Hotel in Skopje verschleppt. Dort wurde er drei Wochen später Mitarbeiter*innen des US-amerikanischen Geheimdienstes CIA übergeben, die ihn misshandelten und dann nach Kabul flogen.

El Masri wurde verdächtigt, Mitglied der Al-Qaida bzw. Teil einer mutmaßlichen islamistischen Terrorszene in Neu-Ulm zu sein; Vorwürfe, die nie bestätigt werden konnten. Er verbrachte mehr als vier Monate in einem geheimen Gefängnis der CIA in Afghanistan. Bei den Verhören wurde er regelmäßig körperlich misshandelt und erniedrigt. Schließlich verbrachte ihn die CIA nach Albanien, wo er auf freien Fuß gesetzt wurde und so am 29. Mai 2004 zurück nach Deutschland gelangte.

Fall

Der Fall Khaled El Masri ist eine der am besten dokumentierten CIA-Entführungen (extraordinary renditions). Verschiedene parlamentarische Untersuchungsausschüsse behandelten diesen Fall und eine Reihe von juristischen Schritten wurde vor nationalen und regionalen Gerichten unternommen. Das ECCHR reichte in Deutschland Klage beim Verwaltungsgericht ein, um ein Auslieferungsersuchen Deutschlands an die USA für die 13 per Haftbefehl gesuchten Entführer El Masris zu erreichen. Die Bundesregierung hat ein solches Ersuchen an die USA bislang verweigert. Die Klage wurde zwar angenommen, letztendlich aber abgewiesen.

Kontext

In einem Brief an Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat das ECCHR im Dezember 2015 die Bundesregierung aufgefordert, sich bei den USA für eine Entschuldigung und Entschädigung des CIA-Opfers und deutschen Staatsbürgers Khaled El Masri einzusetzen. Auch müsse Deutschland endlich von den USA die Auslieferung der 13 CIA-Agenten fordern, die an der Verschleppung El Masris beteiligt waren und per Haftbefehl gesucht werden. Zum Auslieferungsersuchen heißt in dem Schreiben: "Das Bundesamt für Justiz hat bis zum heutigen Tage abgelehnt, die Auslieferung der per Haftbefehl gesuchten Personen, die sich mutmaßlich alle in den USA befinden, gegenüber den USA zu ersuchen".

Angesichts der Informationen im Berichts des US-Senats "müssen die in der Entscheidung im Juni 2007 gegen ein Auslieferungsersuchen im Abwägungsprozess berücksichtigten Belange neu bewertet werden". Verschiedene parlamentarische Untersuchungsausschüsse haben sich mit dem Fall El Masri beschäftigt. Es gibt Berichte des Deutschen Bundestags, des Europäischen Parlaments und der parlamentarischen Versammlung des Europarats. Die juristischen Schritte sind auch Thema der US-Außenpolitik gewesen, wie verschiedene Depeschen aus den US-Botschaften in Berlin, Madrid und Skopje zeigen, die von Wikileaks veröffentlicht wurden. Auf die europäischen Staaten wurde Druck ausgeübt, die strafrechtlichen Ermittlungen einzustellen und Strafverfahren zu verhindern.

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Einblick

Folter

Die Rechtslage ist eindeutig: Folter ist unter allen Umständen verboten. Wer Folter anwendet, anordnet oder billigt, muss sich dafür vor Gericht verantworten. So sieht es die UN-Antifolterkonvention vor. 146 Staaten haben die Konvention ratifiziert.

Wird Folter nicht anerkannt und gesühnt, erfahren die Folterüberlebenden und ihre Angehörigen nicht nur kein Recht, sondern das erlittene Unrecht wird vertieft. Individuelle wie gesellschaftliche Traumata währen fort. Der Kreislauf von Folter, Straflosigkeit und weiterem Unrecht kann ohne (rechtliche) Aufarbeitung nicht gestoppt werden. Deswegen gehören nicht nur niedrigrangige Täter_innen, sondern vor allem ihre Vorgesetzten sowie die politischen und militärischen Entscheidungsträger auf die Anklagebank – und zwar auch jene aus politisch oder wirtschaftlich mächtigen Staaten.

Im Kampf gegen Folter nutzt das ECCHR gemeinsam mit Überlebenden und Partnerorganisationen verschiedene rechtliche Mittel und Wege: Der Gang vor den Internationalen Strafgerichtshof ist wie im Fall der Folter britischer Militärs an Gefangenen im Irak eine Option. Eine andere Möglichkeit, die das ECCHR nutzt, ist die Anwendung des Weltrechtsprinzips (oder Prinzip der Universellen Jurisdiktion) in Drittstaaten wie Deutschland, der Schweiz, Österreich und Schweden – beispielsweise gegen Verantwortliche des US-Folterprogramms im Namen des "Kriegs gegen den Terror", gegen den bahrainischen Generalstaatsanwalt oder bei den Strafanzeigen gegen hochrangige Mitglieder der syrischen Militärgeheimdienste.

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