ECCHR unterstützt „Extraordinary Rendition“-Entschädigungsklage

USA – Folter – Maher Arar

Das ECCHR und der Menschenrechtsausschuss der Anwaltskammer von England und Wales haben gemeinsam im März 2010 einen Amici Curiae Brief eingereicht, um die Klage auf Entschädigung des New Yorker Center for Constitutional Rights (CCR) im Fall Maher Arar zu unterstützen.

Fall

Maher Arar, kanadischer Staatsbürger, wurde im Jahr 2002 von US-Behörden festgenommen und nach Syrien verschleppt. Während seiner einjährigen Gefangenschaft in Syrien wurde er gefoltert und unter menschenunwürdigen Bedingungen inhaftiert. Nach seiner Rückkehr brachte eine Untersuchungskommission der kanadischen Regierung seinen Fall an das Licht der Öffentlichkeit. Arar kämpfte vor US-Gerichten um Schadensersatz für seine Verschleppung nach Syrien durch US-Behörden und seine dort erlittenen Misshandlungen.

Die unteren Instanzen hatten seinen Fall abgewiesen, weil sie Staatsgeheimnisse in Gefahr sahen. Sie führten dabei insbesondere die Bedrohung der internationalen Beziehungen und der nationalen Sicherheit der USA an. Das letztinstanzliche Gericht, der Oberste Gerichtshof der USA (US Supreme Court), hat im Juni 2010 beschlossen, den Fall nicht anzunehmen.

Kontext

Der Amici Curiae Brief, der die Klage vor dem US Supreme Court unterstützte, schildert Untersuchungen von CIA-Flügen und Geheimgefängnissen durch parlamentarische Untersuchungskommissionen, Gerichte und andere Institutionen in Europa.

Das Gutachten betont, dass es möglich ist, Untersuchungen und Verfahren zu eröffnen, trotz des Einwands, Staatsgeheimnisse seien betroffen. Verschiedene Entscheidungen einheimischer Gerichte in Europa stellen zwar klar, dass sich aus dem Staatswohl Grenzen für den Untersuchungsspielraum ergeben, aber lassen dennoch zu, dass Prozesse eröffnet und auch geführt werden. Staatsgeheimnisse können zwar jurisdiktionelle Schranken für einzelne Punkte innerhalb eines Falles darstellen, diesen aber nicht in seiner Gesamtheit betreffen.

Der Amici Curiae Brief will den US Supreme Court dabei unterstützen, in seiner Entscheidung den gesamten internationalen Kontext der CIA-Flüge und -Gefängnisse zu berücksichtigen. Die USA als Begründer und treibende Kraft hinter dem „Extraordinary Rendition“-Programm müssen den Opfern dieser schweren Verbrechen endlich Rechtsschutz und angemessene Entschädigungen gewähren.

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Definition

Amicus Curiae Brief

Ein Amicus Curiae Brief (dt. Freund des Gerichts) ist ein Schriftsatz an ein Gericht, in dem eine am Verfahren nicht selbst beteiligte Person oder Organisation rechtliche Argumente und eine Handlungsempfehlung für einen vor Gericht ausgetragenen Fall darlegen kann.

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Einblick

Doppelstandards

In Fragen der Menschenrechte messen Entscheidungsträger*innen der westlichen Demokratien allzu oft mit „zweierlei Maß“. Während der Globale Norden oft Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Ländern des Globalen Südens öffentlich verurteilt und – teilweise – auch strafrechtlich verfolgt, entziehen sich Politiker*innen und Militärs, Unternehmer*innen und Manager*innen im Globalen Norden meistens der Verantwortung. Völkerstraftaten wie Folter, Verschwindenlassen oder Drohnenangriffe gegen Zivilist*innen werden selten geahndet. Es scheint, als würden andere Standards für die Verletzung von Menschenrechten gelten, wenn sie von westlichen Staaten begangen werden.

Diesen Doppelstandards des Globalen Nordens setzt das ECCHR gezielte juristische Interventionen entgegen: Die Straflosigkeit der Mächtigen muss beendet und  Machtstrukturen verändert werden. Die Einzelfälle des ECCHR zielen deswegen auch immer darauf ab, politische, wirtschaftliche und rechtliche Lücken sichtbar zu machen und so die Entscheidungsträger*innen im Globalen Norden zu zwingen, ihre Doppelstandards zu hinterfragen – und im besten Fall zu beenden.

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