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UN-Antifolterausschuss weist Beschwerde von belgischem Guantánamo-Überlebenden ab

USA – Guantánamo – Belgien

Der UN-Ausschuss gegen Folter in Genf hat eine Individualbeschwerde (individual communication) des belgischen Staatsbürgers Mosa Zemmouri gegen Belgien abgelehnt. Das ECCHR hatte die Beschwerde im Namen Zemmouris gemeinsam mit seinen Kooperationsanwälten aus Belgien, Walter van Steenbrugge und Christophe Marchand, im Januar 2017 eingereicht. Im August 2019 hat der UN-Ausschuss die Beschwerde als unzulässig abgewiesen.

Fall

Mosa Zemmouri war von 2002 bis 2005 im US-Gefangenenlager Guantánamo inhaftiert. Dort erlitt er verschiedene Formen schwerer körperlicher und psychischer Misshandlung wie Schläge, Reizentzug (sensorische Deprivation) und extreme Temperaturen.

In der Beschwerde an den UN-Ausschuss gegen Folter machen Zemmouri, die Rechtsanwälte und das ECCHR geltend, dass sich Belgien der Misshandlungen mitschuldig gemacht hat. Belgische Behörden wussten um die Foltermethoden in dem US-Lager. Dennoch unternahm Belgien nichts, um die Folter und Misshandlungen zu verhindern oder ihren Staatsbürger zu unterstützen und leitete auch keine angemessenen Ermittlungen zu diesen Verbrechen ein. Dazu wäre Belgien nach der UN-Antifolterkonvention verpflichtet gewesen. Der Ausschuss wies die Beschwerde nach über zwei Jahren als unzulässig ab. Der Fall sei bereits hinreichend vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verhandelt worden. 

Kontext

Die Beschwerde Zemmouris markiert den 15. Jahrestag des US-Gefangenenlagers Guantánamo auf Kuba. Am 11. Januar 2002 wurden dort die ersten Gefangenen inhaftiert. In den Folgejahren setzte die US-Regierung im Namen des „Kriegs gegen den Terror“ in Guantánamo Gefangene verschiedenen Formen von Folter und Misshandlung durch US-Militärs und CIA-Mitarbeiter*innen aus.

Etliche Staaten aus allen Teilen der Welt billigten oder duldeten dieses System. Die Beschwerde gegen Belgien ist Teil einer Reihe rechtlicher Interventionen, um das Verbot der Folter mittels der strafrechtlichen Verfolgung der Täter*innen und Verantwortlich durchzusetzen. Dazu hat das ECCHR gemeinsam mit seinen Partnerorganisationen und Kooperationsanwälten auch in Frankreich, Deutschland und Spanien juristische Verfahren angestoßen.

Zitate

Dokumente (2)

Glossar (2)

Definition

Individualbeschwerde

Eine Individualbeschwerde ermöglicht es Einzelpersonen und Personengruppen sowie Nichtregierungsorganisationen, ihre Rechte geltend zu machen. Die Individualbeschwerde an ein internationales Gericht kann angeführt werden, wenn der Rechtsweg auf nationaler Ebene ausgeschöpft wurde.

Themen (4)

Einblick

Doppelstandards

In Fragen der Menschenrechte messen Entscheidungsträger*innen der westlichen Demokratien allzu oft mit „zweierlei Maß“. Während der Globale Norden oft Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Ländern des Globalen Südens öffentlich verurteilt und – teilweise – auch strafrechtlich verfolgt, entziehen sich Politiker*innen und Militärs, Unternehmer*innen und Manager*innen im Globalen Norden meistens der Verantwortung. Völkerstraftaten wie Folter, Verschwindenlassen oder Drohnenangriffe gegen Zivilist*innen werden selten geahndet. Es scheint, als würden andere Standards für die Verletzung von Menschenrechten gelten, wenn sie von westlichen Staaten begangen werden.

Diesen Doppelstandards des Globalen Nordens setzt das ECCHR gezielte juristische Interventionen entgegen: Die Straflosigkeit der Mächtigen muss beendet und  Machtstrukturen verändert werden. Die Einzelfälle des ECCHR zielen deswegen auch immer darauf ab, politische, wirtschaftliche und rechtliche Lücken sichtbar zu machen und so die Entscheidungsträger*innen im Globalen Norden zu zwingen, ihre Doppelstandards zu hinterfragen – und im besten Fall zu beenden.

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