In Syrien hat sexualisierte und geschlechtsbezogene Gewalt das politische Ziel, mutmaßliche politische Gegner*innen zu unterdrücken und bestrafen. Diese gezielte Gewalt soll ein Klima der ständigen Angst erzeugen und politische Dissident*innen stumm schalten.
Überlebende berichten von verschiedenen Methoden sexualisierter und geschlechtsbezogener Gewalt – physischer sowie psychischer – wie Vergewaltigung oder das Androhen davon, sexuelle Belästigung, Leibesvisitationen und Genitalverstümmelung. Immer wieder werden auch erzwungene Abtreibungen und erzwungene Nacktheit genannt. Die Betroffenen: Frauen und Männer, aber teilweise auch Minderjährige.
Sexualisierte und geschlechtsbezogene Gewalt hat langfristige körperliche und psychische Folgen für die Betroffenen und ihre Familien, aber auch auf die politische Opposition und die Gesellschaft als Ganze. Die syrische Regierung nutzt sexualisierte Gewalt gezielt, um Angst zu verbreiten und zwingt damit Menschen, meist Frauen, zu fliehen.
Nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis erfahren weibliche Überlebende zudem weitere Diskriminierung. Vorherrschende Meinung in der syrischen Gesellschaft ist, dass Frauen die „Würde der Familie“ erhalten sollen. Weibliche Überlebende fühlen sich deshalb häufig schuldig, wenn ihre Familie Ansehen verliert – was oft dazu führt, dass die Familien die Betroffenen verstoßen. Häufig werden Frauen gezielt angegriffen, um ihre männlichen Verwandten zu beschämen und einen Keil in Familien zu treiben. Das gilt oft auch für Inhaftierte, die selbst keine sexualisierte Gewalt erfahren haben, denn es wird allgemein angenommen, dass sie in den Haftzentren vergewaltigt wurden.
Für Männer und Jungen resultiert sexualisierte Gewalt häufig in einem gefühlten Verlust der ihnen zugeschriebenen Männlichkeit, was sie davon abhält, mit Freund*innen oder Familienmitgliedern über ihre Erlebnisse zu sprechen. Sie müssen fürchten, den Respekt älterer Verwandter zu verlieren.