Nach dem Ende des Bürgerkriegs in Sri Lanka: Regierungsbeamte weiter straflos

Sri Lanka – Bewaffneter Konflikt – Kriegsverbrechen

Unzählige Menschen sind den jahrzehntelangen gewaltsamen Auseinandersetzungen im sri-lankischen Bürgerkrieg gestorben, verletzt oder vergewaltigt worden. Allein die Schlussoffensive der Regierungsarmee gegen die Rebellengruppe Tamil Tigers (Liberation Tigers of Tamil Eelam, LTTE) von Ende 2008 bis Mai 2009 kostete nach Berichten der Vereinten Nationen über 70.000 Zivilist*innen das Leben. Sexualisierte Gewalt und willkürliche Festnahmen durch Polizei und Militär waren und sind bis heute weit verbreitet. Doch niemand wurde bisher für die zivilen Todesopfer zur Rechenschaft gezogen. Im Gegenteil: Die mutmaßlichen Täter*innen sind oft heute noch an der Macht oder in einflussreichen Positionen.

Seit der Endphase des Bürgerkriegs setzt sich das ECCHR dafür ein, dass hochrangige Militärs, (ehemalige) Mitglieder der sri-lankischen Regierung und der Sicherheitskräfte für ihre Rolle bei Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und sexualisierter Gewalt strafrechtlich verfolgt werden. In einem internationalen Netzwerk kooperiert das ECCHR mit lokalen Partner*innen, Betroffenen, Überlebenden und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen.

Fall

Das ECCHR nutzt verschiedene juristische Mittel und Wege, um der Straflosigkeit in Sri Lanka etwas entgegen zu setzen: Das Weltrechtsprinzip beispielsweise ermöglicht es nationalen Strafverfolgungsbehörden in Drittstaaten, die Taten aufzuarbeiten. Das ECCHR unterstützt Zeug*innen, die in Deutschland leben, und reichte 2012 und 2017 Strafanzeige beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe ein. Nach ersten Ermittlungsschritten ist es nun an der Zeit, dass Deutschland seine Ermittlungen wieder intensiviert und gegen die Straflosigkeit von Völkerrechtsverbrechen in Sri Lanka tätig wird.

Zudem setzt sich das ECCHR für internationale Haftbefehle gegen hochrangige Verdächtige ein – zum Beispiel Jagath Dias, früherer Kommandant der berüchtigten 57. Division der sri-lankischen Armee. Als Dias 2010 seinen Dienst als Diplomat in Berlin antrat, intervenierte das ECCHR beim Auswärtigen Amt und verfasste ein Dossier zu den Kriegsverbrechen, die er als Militär mutmaßlich beging. Sein Diplomatenstatus schützte ihn vor einem Strafverfahren, dennoch sah er sich gezwungen, Deutschland frühzeitig zu verlassen.

Im März 2014 setzten die Vereinten Nationen eine Expert*innenkommission (UN OISL) ein, die – unterstützt vom ECCHR – in Sri Lanka begangene Völkerrechtsverbrechen umfassend untersuchte.

Kontext

Von 1983 bis 2009 herrschte in Sri Lanka ein erbitterter Bürgerkrieg zwischen der Regierung und den LTTE. Insbesondere in den letzten Jahren der Kämpfe nahm die Gewalt extrem zu: Laut den UN soll die sri-lankische Armee vorsätzlich Krankenhäuser und Essensausgaben angegriffen haben, zudem gab es immer wieder Berichte über Folter, sexualisierte Gewalt und „Verschwindenlassen“. Auch nach dem Ende des Kriegs nahm die Verfolgung von politischer Opposition und Minderheiten kein Ende.

Media

Leider ist dieses Medium aufgrund Ihrer Cookie-Einstellungen nicht verfügbar. Besuchen Sie bitte unsere Datenschutzseite, um Ihre Einstellungen anzupassen.

Zitate

Dokumente (9)

Partner

Glossar (6)

Definition

Dossier

Ein Dossier ist eine zusammengehörige Sammlung von Dokumenten bzw. Aktenmaterial, die zusammen mit anderen Akten z. B. bei einem Gerichtsverfahren eingereicht werden können. Meist betrifft ein Dossier eine bestimme Person oder einen spezifischen Sachverhalt, welcher für das Verfahren relevant ist.

Themen (4)

Einblick

Kriegsverbrechen

Gezielte Angriffe auf Zivilpersonen; Folter von Gefangenen; sexuelle Sklaverei – wenn diese und weitere Verbrechen in bewaffneten Konflikten begangen werden, handelt es sich laut dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) um Kriegsverbrechen. Auch wenn die internationale Strafjustiz Möglichkeiten bietet, Kriegsverbrechen zu verfolgen, werden die Verantwortlichen dafür allzu oft nicht belangt.

Anspruch und Wirklichkeit des Völkerstrafrechts klaffen weit auseinander: zwar wurden Prozesse gegen Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien, Ruanda oder der Demokratischen Republik Kongo geführt. Dennoch – noch nie saß ein*e Politiker*in oder Militärangehörige*r eines westlichen Staates auf der Anklagebank des IStGH oder eines UN-Sondertribunals. Die Doppelstandards der internationalen Strafjustiz verhindern nicht selten die Durchsetzung universeller Menschenrechte.

Zur Aufarbeitung bewaffneter Konflikte und Kriege, in denen alle Parteien Kriegsverbrechen begehen, ist es essentiell, dass gleiches Recht für alle gilt. Das ECCHR setzt sich dafür ein, dass Kriegsverbrechen wie die Misshandlung irakischer Gefangener von britischen Truppen oder Folter in syrischen Geheimdienstgefängnissen strafrechtlich aufgearbeitet werden. Mithilfe juristischer Interventionen nach dem Weltrechtsprinzip, Verfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof oder auch vor nationalen Gerichten nutzt das ECCHR die verfügbaren Mittel und Wege, um der Straflosigkeit für Kriegsverbrechen ein Ende zu setzen.

Karte

Discover our Living Open Archive