Dieser Fall baut auf der laufenden Arbeit des ECCHR mit den Nama und namibischen Partner*innen zur Aufarbeitung der deutschen Kolonialverbrechen - einschließlich des Völkermordes - auf. Er veranschaulicht, wie aktuelle Abbaupraktiken koloniale Muster fortsetzen und dabei wertvolle Ökosysteme zerstören.
Das grüne Wasserstoffprojekt ist in Great Namaqualand geplant - dem Stammesgebiet des indigenen Volkes der Nama. Durch den deutschen Kolonialismus wurden die Nama im Zuge des ersten Völkermords des 20. Jahrhunderts von ihrem Land vertrieben, getötet, vergewaltigt und in Konzentrations- und Zwangsarbeitslagern ausgebeutet. Während dieser Zeit erklärten die deutschen Kolonialherren das Gebiet zum “Sperrgebiet” und beuteten es für den Diamantenabbau aus. Später wurde es in einen Nationalpark umgewandelt und ist heute der einzige international anerkannte Biodiversitäts-Hotspot in Trockengebieten.
Hyphen Ltd. ist ein namibisches Joint Venture des deutschen Unternehmens für erneuerbare Energien Enertrag SE und des britischen Unternehmens Nicholas Holdings. Die deutsche Bundesregierung hat gegenüber Enertrag SE ihre Absicht bekundet, Hyphen Ltd. als „strategisches Auslandsprojekt“ anzuerkennen. RWE unterzeichnete eine Absichtserklärung mit Hyphen, in der das Unternehmen zusagte, im Rahnen seiner Bemühungen zur Senkung der CO2-Emissionen einen Teil des produzierten Amoniaks zu kaufen.
Angesichts des kolonialen Erbes Deutschlands in der Region ist es von entscheidender Bedeutung, dass bei jedem Projekt, an dem deutsche Unternehmen beteiligt sind oder das von der Bundesregierung unterstützt wird, eine angemessene Beteiligung der Nama gewährleistet ist. Andernfalls wird das koloniale Erbe deutscher staatlicher und privater Akteure fortgeschrieben.
Das ECCHR vertritt die Auffassung, dass groß angelegte Energiewendeprojekte nicht auf Kosten der Menschenrechte - insbesondere der Rechte indigener und in Stämmen lebender Gemeinschaften - umgesetzt werden dürfen. Ein gerechter Übergang zu einer kohlenstoffarmen Zukunft erfordert die Achtung der Menschenrechte sowie den Schutz wertvoller Ökosysteme. In diesem Fall steht besonders viel auf dem Spiel: Energieprojekte dürfen nicht auf den Grundlagen kolonialer Ausbeutung errichtet werden. Indem RWE Hyphen Ltd. unterstützt, ohne eine echte Konsultation mit den betroffenen indigenen Völkern sicherzustellen, vernachlässigt das Unternehmen seine menschenrechtlichen Verpflichtungen - und betreibt damit Energiekolonialismus.