Die Gewinnung und der Einsatz von Kohle, Rohöl und Erdgas haben negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Davon ist oft die Rede. Doch auch bei Projekten zu erneuerbaren Energien müssen menschenrechtliche Standards eingehalten werden. Dennoch setzen sich große Energieunternehmen immer wieder über Menschenrechte und Umweltschutz hinweg – wie beim Fall Électicité de France (EDF) in Oaxaca, Mexiko.
Der französische Energieriese EDF arbeitet seit 2015 an dem Gunaa-Sicarú-Windparkprojekt. Das Problem: Die Windkraftanlagen sollen auf dem Gebiet der indigenen Gemeinde Unión Hidalgo entstehen. EDF will sich die staatliche Genehmigung für den Bau sichern – doch die indigene Gruppe wurde bisher nicht konsultiert. Deswegen reichten Vertreter*innen von Unión Hidalgo, die mexikanische Organisation ProDESC und das ECCHR am 13. Oktober 2020 eine Zivilklage gegen EDF in Frankreich ein. Das Unternehmen soll das Windparkprojekt stoppen, bis menschenrechtliche Standards eingehalten werden können.
Indigene haben laut internationalen Menschenrechtskonventionen das Recht, vor Beginn eines Infrastruktur- oder ähnlichen Projekts auf ihrem Land, ihre Zustimmung oder Ablehnung auszusprechen (free, prior and informed consent). Dabei dürfen sie nicht unter Druck gesetzt werden und müssen umfassend und im Vorhinein über alle Schritte informiert werden – ein Menschenrecht, das EDF respektieren muss.
Genau das aber ist das Problem in Mexiko: Die Gemeinde von Unión Hidalgo wurde bisher nicht in die Planung des Windparks eingebunden. Einige Windpark-Kritiker*innen werden öffentlich stigmatisiert, bedroht und sogar körperlich angegriffen. EDF tat nichts dagegen – und hat mutmaßlich Unterstützer*innen des Projekts Vorteile versprochen. Damit ignoriert EDF das Recht der Gemeinde auf Konsultation und Zustimmung.
Ein Verfahren der Unión Hidalgo und ProDESC bei der nationalen OECD-Kontaktstelle in Frankreich blieb erfolglos. Aus diesem Grund haben sich Gemeindevertreter*innen von Unión Hidalgo mit ProDESC und dem ECCHR in einem formalen Schreiben an EDF gewandt. Die Forderung: Das Unternehmen muss seine Maßnahmen zu menschenrechtlicher Sorgfalt verstärken. Da die Energiefirma dem nicht nachkam, intervenierten das ECCHR und seine Partner im Oktober 2020 mit der Klage vor dem Pariser Zivilgericht.
Indigene Völker haben eine besondere historische und kulturelle Verbindung zu ihrem Land. Zugleich werden sie seit der Kolonialzeit als Minderheiten oft diskriminiert, unterdrückt und ihrer Rechte beraubt. Deswegen gelten sie nach internationalem Recht – wie der UN-Erklärung über die Rechte der indigenen Völker – als besonders schutzbedürftig. Dies zeigt sich etwa in ihrem Recht auf freie, vorherige und umfassende Konsultation, das sogar zum Vetorecht werden kann – z.B. wenn indigenes Land direkt betroffen ist.
Neben dem Fall gegen EDF unterstützt das ECCHR auch die indigene Bevölkerung der Westsahara, deren Recht auf Selbstbestimmung Marokko – mit Unterstützung europäischer Unternehmen – immer wieder verletzt. Außerdem arbeitete das ECCHR zusammen mit indigenen Gemeinden in Simbabwe, die ihre Landrechte gegen europäische Investoren verteidigen mussten.