Der Weg zur Gerechtigkeit für Kriegsverbrechen und Folter in Syrien führt auch über Europa. Nach Deutschland, Schweden und Frankreich hat auch die österreichische Justiz Ermittlungen gegen die syrischen Geheimdienste eingeleitet, die für massenhafte und systematische Folter verantwortlich sind. Auslöser der Ermittlungen ist die Strafanzeige von 16 Frauen und Männer im Mai 2018 bei der Staatsanwaltschaft Wien. „Ich hoffe, dass Österreich nun dem Beispiel von Deutschland und Frankreich folgt und bald Haftbefehle gegen maßgebliche Verantwortliche in Assads Foltersystem ausstellt“, sagte einer der Anzeigenerstatter, der in Damaskus vom Militärgeheimdienst gefoltert wurde.
Die Strafanzeige gegen 24 hochrangige Funktionäre der Regierung von Baschar al-Assad ist die erste dieser Art in Österreich. Erarbeitet wurde sie von den Jurist_innen des ECCHR und dem Wiener Center for the Enforcement of Human Rights International (CEHRI) in enger Zusammenarbeit mit Anwar al-Bunni (Syrian Center for Legal Research and Studies, SCLSR) und Mazen Darwish (Syrian Center for Media and Freedom of Expression, SCM).
In einem weiteren Verfahren zu Folter in Syrien ermittelt die Staatsanwaltschaft Wien gegen einen Tatverdächtigen aus der Stadt Ar-Raqqa, der sich in Österreich aufhält. Auch in diesem Fall unterstützt das ECCHR die Ermittlungen.
In Deutschland haben vier vergleichbare Anzeigen im Juni 2018 zu einem Haftbefehl gegen den Chef des syrischen Luftwaffengeheimdienstes beigetragen. „Der Haftbefehl gegen Jamil Hassan war ein Meilenstein im Kampf gegen die Straflosigkeit für Folter in Syrien“, so ECCHR-Generalsekretär Wolfgang Kaleck. „Die österreichischen Behörden müssen nun auch Beweismittel aus Deutschland und Frankreich heranziehen – zum Beispiel weitere Zeugenaussagen oder die sogenannten Caesar-Fotos und Daten der Caesar Files Group.“
Tatiana Urdaneta Wittek von CEHRI ergänzt: „Der Wiener Staatsanwalt hat in den vergangenen Monaten wichtige Arbeit geleistet. Wir sind zuversichtlich, dass damit die Strafverfolgungsbehörden auch in Österreich der Anwendung des Völkerstrafrechtes zum Durchbruch verhelfen werden und mit ihren Kolleg_innen in Deutschland, Frankreich oder Schweden gleichziehen. Es ist wünschenswert, dass die in Syrien begangenen Verbrechen im europäischen Gleichklang verfolgt werden.“