BRÜSSEL/BERLIN - Mit großer Mehrheit hat das Europäische Parlament gestern den Bericht über die Sorgfalts- und Rechenschaftspflicht von Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden verabschiedet. Der Bericht gibt konkrete Empfehlungen an die Europäische Kommission, die ihren Vorschlag für ein EU-Gesetz zur Sorgfaltspflicht von Unternehmen für den Sommer 2021 angekündigt hat.
„Mit der gestrigen Abstimmung haben die Abgeordneten die Forderung nach einem dringend benötigten Sorgfaltspflichtengesetz auf EU-Ebene bekräftigt. Der angenommene Bericht gibt wichtige Anregungen und greift doch zu kurz. Er empfiehlt zwar Mechanismen zur Risikoerkennung für Unternehmen und sieht eine zivilrechtliche Haftung bei Menschenrechtsverletzungen vor. Neben dieser Haftung fehlt jedoch eine klare juristische Regelung für die Haftung von Unternehmen bei mangelhafter interner Überprüfung der Sorgfaltspflicht. Außerdem muss das Gesetz für alle Unternehmen, unabhängig von Größe und Tätigkeit gelten“, sagt Ben Vanpeperstraete, Senior Legal Advisor beim European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR).
Selbst eine starke EU-Regelung wird die Mitgliedsstaaten nicht von ihrer Verantwortung befreien, nationale Gesetze zur menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht zu erlassen. Im Gegenteil: Letzte Woche betonte EU-Justizkommissar Didier Reynders erneut, dass die Mitgliedsstaaten mit einer starken nationalen Gesetzgebung den Weg zu einer umfassenden EU-weiten menschenrechtlichen und ökologischen Sorgfaltspflicht anführen müssen. Er kritisierte den derzeit diskutierten deutschen Gesetzentwurf als zu schwach und zu begrenzt in seinem Geltungsbereich.
„Um Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten von Unternehmen sowie Umweltschäden wirksam zu bekämpfen, müssen die Mitgliedstaaten jetzt mit beispielhaften und umfassenden nationalen Regelungen vorangehen. Deutschland muss seinen Entwurf deutlich nachbessern“, fordert Vanpeperstraete.