Vergiftungswelle in Yavatmal: Betroffene gehen gegen Pestizid-Konzern Syngenta vor

Indien – Pestizide – Syngenta II

Der intensive Einsatz von Pestiziden zerstört die biologische Vielfalt und schadet den Ökosystemen – und beschleunigt damit den Klimawandel. Dazu kommt der direkte Schaden an den Menschen, die hochgiftige Pestizide einsetzen. Im Herbst 2017 erlitten hunderte von Landarbeiter*innen im zentralindischen Yavatmal teils schwere Vergiftungen. Behördliche Dokumente aus Indien belegen: Das Pestizid Polo des Schweizer Chemiekonzerns Syngenta spielte bei den Vergiftungen und deren mitunter tödlichen Folgen eine wichtige Rolle.

Fall

Im Namen von 51 betroffenen Familien hatten das Pesticide Action Network India (PAN India) und die Maharashtra Association of Pesticide Poisoned Persons (MAPPP) gemeinsam mit der Schweizer Organisation Public Eye und dem ECCHR deshalb im September 2020 eine Beschwerde gegen Syngenta beim Nationalen Kontaktpunkt der OECD in Bern eingebracht. Bereits im Dezember 2020 nahm die Kontaktstelle die Beschwerde an. Doch im Juni 2022 endete die Mediation ergebnislos: Syngenta weigerte sich, Widergutmachung zu leisten, wollte weder über die Rolle seines Produkts Polo bei den Vergiftungen reden, noch wirksame präventive Maßnahmen einleiten.

Parallel zur Beschwerde hatten ein Überlebender und zwei Hinterbliebene in Basel eine auf Produkthaftung basierende Schadensersatzklage gegen den Konzern eingereicht. Denn: Der Wirkstoff Diafenthiuron stammte aus der Schweiz. Das ECCHR unterstützt die Anzeigenerstatter*innen, die von unserer Partnerkanzlei schadenanwaelte vertreten werden.

Im Juni 2022 hat das Baseler Gericht den Kläger*innen Prozesskostenhilfe bewilligt. Damit hat das Gericht zu erkennen gegeben, dass es grundsätzlich eine Haftung des Schweizer Unternehmens für seine in Indien verkauften Produkte für möglich erachtet.

Kontext

Polo ist ein Insektizid mit dem Wirkstoff Diafenthiuron. In der EU ist der Wirkstoff seit 2002 nicht mehr zugelassen. In der Schweiz wurde Polo 2009 vom Markt genommen, im März 2017 wurde Diafenthiuron zudem auf die Liste der Stoffe gesetzt, die wegen ihrer Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt verboten sind. Dennoch vertreibt Syngenta das Pestizid Polo immer noch im Globalen Süden, so wie in Indien.

Der Fall Yavatmal zeigt einmal mehr: In Europa dürfen Pestizide nur unter strengen Auflagen verkauft werden. Ganz anders, wenn internationale Chemie- und Agrarkonzerne ihre Produkte im Globalen Süden vertreiben: Bäuer*innen verwenden Pestizide oft ohne Schutz und werden nicht über mögliche Gefahren aufgeklärt. Unternehmen wie Bayer und Syngenta wissen das. Trotzdem exportieren sie weiter, maximieren ihre Profite und nehmen die Gesundheitsschäden oft billigend in Kauf. Wie sehen immer wieder, wie leicht sich Unternehmen ihrer Verantwortung für Schäden im Globalen Süden entziehen können, wenn keine verbindlichen gesetzlichen Regelungen gelten.

Personen

Kläger*innenprofile im Fall Syngenta

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