Zivilpersonen sollten in bewaffneten Konflikten besonders geschützt sein, so jedenfalls sieht es das Völkerrecht vor. Im gegenwärtigen Krieg in Israel/Palästina wird diese Vorgabe täglich grausam missachtet. Handelt es sich bei den Opfern um deutsche Staatsbürger*innen, ist es Aufgabe der Bundesanwaltschaft zu ermitteln, ob es sich bei diesen Taten um Kriegsverbrechen im Sinne des deutschen Völkerstrafrechts handelt. Im Fall der am 7. Oktober durch Hamas-Täter in Israel getöteten deutschen Staatsangehörigen wurden derartige Ermittlungen auch unmittelbar aufgenommen, gleichwohl nicht nach dem Völkerstrafrecht. In der Deutsch-Palästinensischen Familie Abujadallah wurden im Zuge der israelischen Kriegsführung Ende Oktober sechs Familienmitglieder getötet: neben den Eltern Yousef und Ayah auch deren vier Kinder Salahuddin, Mohammad, Abdulrahman und Omer. In diesem Fall sieht die Behörde des Generalbundesanwalts bislang keine Anhaltspunkte zu ermitteln, sondern hält Strafermittlungen der Staatsanwaltschaft am deutschen Wohnort der Familie für ausreichend, auch hier nicht nach dem Völkerstrafgesetzbuch. Mit dem jetzt eingelegten Ermittlungsgesuch will das ECCHR auch daran erinnern, dass gleiches Recht für alle gelten muss. Die Bundesanwaltschaft muss ihren Verpflichtungen zu strukturellen Ermittlungen im globalen Gesamtgefüge der internationalen Strafjustiz gerecht werden, genauso wie der IStGH und andere nationale Staatsanwaltschaften. Andreas Schüller, Leiter des Programmbereichs Völkerstraftaten und rechtliche Verantwortung: „Dass die Bundesanwaltschaft im Fall der Familie Abujadallah keine Anhaltspunkte für Verstöße gegen das Völkerstrafgesetzbuch sieht, halte ich für nicht nachvollziehbar. Es bedarf der Ermittlungen, um feststellen zu können, ob Völkerrecht gebrochen wurde.“
Wie wichtig zügige Ermittlungen zur Verfolgung von Kriegsverbrechen sind, zeigt sich aktuell in der Ukraine. Als warnendes Gegenbeispiel verdeutlichen die ECCHR-Erfahrungen im Fall der Familie Kilani wie das Verzögern von Ermittlungen verhindert, dass mutmaßliche Kriegsverbrechen völkerrechtlich angemessen aufgearbeitet werden.