OECD-Beschwerde gegen italienischen Prüfdiensleiter RINA

Jahrestag des Fabrikbrands bei KiK-Zulieferer in Pakistan

11.09.2018

Rom/Berlin, 11. September 2018 – Mehr als 250 Menschen starben, mehr als 30 wurden verletzt, als die Textilfabrik Ali Enterprises in Karatschi (Pakistan) am 11. September 2012 komplett abbrannte. Die Fabrik produzierte hauptsächlich für das deutsche Unternehmen KiK. Anlässlich des 6. Jahrestags des Fabrikbrands hat das ECCHR mit einer internationalen Koalition (s.u.) beim italienischen Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung eine OECD-Beschwerde gegen das Zertifizierungsunternehmen RINA Services S.p.A. aus Genua eingereicht. Der Grund: Nur drei Wochen vor dem Brand hatte RINA die Textilfabrik mit dem internationalen Gütesiegel SA 8000 zertifiziert – das Siegel soll u.a. hohe Sicherheitsstandards garantieren. Hätte RINA seine Arbeit ordnungsgemäß gemacht, hätte der Tod hunderter Menschen verhindert werden können. Das soll nun die OECD-Kontaktstelle in Italien untersuchen.

“Mein Sohn starb wie hunderte andere Arbeiter, weil die brennende Fabrik zur Falle wurde. Das Brandmeldesystem funktionierte nicht richtig, Feuerlöscher und Fluchtwege waren blockiert oder schlicht nicht vorhanden“, sagt Saeeda Khatoon, Vorsitzende der Ali Enterprises Factory Fire Affectees Association, der Selbsthilfeorganisation der Überlebenden und Hinterbliebenen. Die hohe Zahl der Todesopfer zeige, dass das Zertifizierungsunternehmen wichtige Sicherheitsfragen ignoriert habe.

“Das Versagen von RINA, gravierende Mängel bei Brandschutz und Fluchtwegen aufzudecken und darauf zu reagieren, zeigt einmal mehr, dass das System von Prüfdiensten und Zertifizierungen nichts taugt. Wenn die Prüfberichte nicht transparent sind, und die Prüfdienstleister keine Rechenschaftspflicht haben, nutzt es den Arbeitern nichts“, sagt Carolijn Terwindt vom ECCHR zur OECD-Beschwerde. 

Die Folgen der Sicherheitsmängel bei Ali Enterprises belegt auch die Computersimulation des Forensic-Architecture-Projekts am Goldsmith Institut der Universität London. Die Simulation liegt seit Februar dem Landgericht Dortmund im Verfahren gegen KiK vor. Das Gericht beschäftigt sich seit März 2015 mit einer Zivilklage gegen KiK, die vier Pakistaner – ein Überlebender und drei Hinterbliebene des Fabrikbrands – auf Initiative des ECCHR und mit Unterstützung von medico international einreichten.

Da RINA seinen Sitz in Italien hat, reichen acht Organisationen eine Beschwerde bei der italienischen OECD-Kontaktstelle ein. Im Fall Rana Plaza/TÜV Rheinland reichte das ECCHR gemeinsam mit  Partner_innen aus Bangladesch und Deutschland eine entsprechende Beschwerde bei der Kontaktstelle im Bundeswirtschaftsministerium in Berlin ein.

Zur Koalition, die die OECD-Beschwerde in Italien eingereicht haben, gehören folgende Organisationen:
 

Ali Enterprises Factory Fire Affectees Association (AEFFAA), Pakistan
National Trade Union Federation (NTUF), Pakistan
Pakistan Institute of Labour Education and Research (PILER), Pakistan
European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), Deutschland
Clean Clothes Campaign (CCC), international (Niederlande, Deutschland, Italien)
Campagna Abiti Puliti, Movimento Consumatori, Italien
medico international, Deutschland

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