Kriminalisierung von Seenotrettung: ECCHR fordert Eingreifen auf UN-Ebene

Italien – Seenotrettung – Sea-Watch 3

Italien kriminalisiert, bedroht und drangsaliert systematisch Seenotretter*innen, die dringend nötige humanitäre Hilfe für Geflüchtete und Migrant*innen auf dem Mittelmeer leisten. Seenotrettungsorganisationen wie die deutsche NGO Sea-Watch versuchen seit Jahren, die mangelnde staatliche Hilfe auf See mit eigenen Notrettungseinsätzen auszugleichen. Die italienische Regierung aber verschärfte 2017 ihre Einwanderungsgesetze und kriminalisiert seitdem zivile Seenotrettung zunehmend – durch unrechtmäßige Festnahmen, hohe Geldstrafen und Schmutzkampagnen.

Um der Kriminalisierung der Seenotretter*innen ein Ende zu setzen, hat das ECCHR im Januar 2020 Beschwerde beim UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechtsverteidiger*innen eingereicht. Die Beschwerde beschreibt den Fall der Crew-Mitglieder des NGO-Schiffs Sea-Watch 3 und insbesondere seiner Kapitänin Carola Rackete. Das ECCHR argumentiert, dass die gezielte Unterdrückung von Seenotretter*innen durch italienische Behörden gegen das Völkerrecht verstößt. Im Oktober 2020 verurteilte die UN-Sonderberichterstatterin Italiens Vorgehen gegen die Seenotretter*innen öffentlich und forderte, dass die Anklage gegen Rackete fallen gelassen wird.

Fall

Die Crew der Sea-Watch 3 erfüllte ihre Pflicht nach internationalem Seerecht, als sie im Juni 2019 53 Personen aus einer Notsituation auf dem Mittelmeer rettete. Dennoch durfte das Schiff in keinem europäischen Hafen anlegen – auch nicht in Italien, das als nächstliegende sichere Anlaufstelle dazu verpflichtet gewesen wäre, die geretteten Personen aufzunehmen. Zur selben Zeit beschloss der Ministerrat Italiens zudem einen neuen Sicherheitserlass, der es dem italienischen Innenminister erlaubte, der Sea-Watch 3 zu verbieten, italienische Hoheitsgewässer zu durchqueren oder in ihnen zu ankern.

Trotz dieses Verbots fuhr die Sea-Watch 3 15 Tage später in den Hafen von Lampedusa ein – denn die humanitäre Notsituation auf dem Schiff wurde unerträglich. Als das Rettungsschiff im Hafen anlegte, nahm die italienische Polizei Kapitänin Rackete umgehend fest und beschuldigte sie der Beihilfe zur illegalen Einreise, der Gehorsamsverweigerung und Widerstandsakten gegenüber einem Kriegsschiff.

Sowohl Rackete als auch die Organisation Sea-Watch müssen mit Geldstrafen von 10.000 bis 50.000 Euro rechnen. Die Sea-Watch 3 wurde nach der Aktion ein halbes Jahr lang beschlagnahmt. Nach ihrer Festnahme wurde Rackete zudem Ziel einer medialen Schmutzkampagne der italienischen Regierung, in der sie verunglimpft und sexistisch angegriffen wurde.

Kontext

Die Einreichung zur  Sea-Watch 3 an den UN-Sonderberichterstatter ist die zweite Beschwerde dieser Art des ECCHR. Im November 2019 legte das ECCHR dem UN-Sonderberichterstatter in einer ähnlichen Intervention den Fall eines anderen deutschen Rettungsschiff, der Iuventa, dar.

Beides sind keine Einzelfälle, sondern Teil einer Strategie Italiens, Seenotrettung von Geflüchteten und Migrant*innen im Mittelmeer zu unterbinden und zu kriminalisieren.

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UN-Sonderberichterstatter*innen werden durch ein Mandat der Vereinten Nationen bestimmt und arbeiten ehrenamtlich zu einem ausgewählten Bereich.

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Seit 2014 sind zivile Seenotrettungsorganisationen ständig im Mittelmeer präsent. Sie leisten humanitäre Hilfe für Menschen, die keine Chance auf staatliche Seenotrettung haben. Europäische Länder setzen jedoch immer strengere Migrationspolitiken um – und kriminalisieren die Seenotretter*innen.

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