Staatlich organisierte Zwangsarbeit bekämpfen

Kommende EU-Regelung ist laut Lieferkettengesetz für deutsche Unternehmen schon heute Pflicht

12.03.2024

Produkte die durch Zwangsarbeit hergestellt wurden, dürfen demnächst in der EU nicht mehr verkauft werden. Auf eine entsprechende Regelung haben sich Parlament und Rat der Europäischen Union am 5. März bei ihren Trilog-Verhandlungen im Grundsatz geeinigt. Nach der endgültigen Zustimmung dieser beiden EU-Institutionen wird die Verordnung voraussichtlich noch in diesem Jahr in Kraft treten, spätestens drei Jahre später müssen die Mitgliedstaaten sie umgesetzt haben. Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) zufolge sind weltweit rund 27,6 Millionen Menschen von Zwangsarbeit betroffen. Auch wenn es enttäuschend ist, dass der Text keine spezifischen Anforderungen an die Unternehmen enthält, um Wiedergutmachung zu leisten, ist die erzielte Einigung ein wichtiger Schritt.

Dank des deutschen Lieferkettengesetzes sind hiesige Unternehmen auf die neue EU-Verordnung gut vorbereitet: Die darin geregelten menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten beziehen sich selbstverständlich auch auf Zwangsarbeit bei direkten oder indirekten Zulieferbetrieben. Diese schwerwiegende Verletzung von Menschenrechten müssen oft der privaten Wirtschaft angelastet werden. Doch insbesondere in der Textil- oder Automobilbranche gibt es zahlreiche Fälle staatlich organisierter Zwangsarbeit, wie in der uigurischen Region Chinas. Deutsche Unternehmen die dort fertigen oder zuliefern lassen machen sich potentiell mitschuldig an schwersten Menschenrechtsverletzungen, für die das Management auch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann. Wie Unternehmen derartige Risiken vermeiden können, und wie sich die durch staatlich organisierte Zwangsarbeit begangenen systematischen Menschenrechtsverletzungen bekämpfen lassen, ist Thema eines aktuellen ECCHR-Positionspapiers.

Systembedingte Menschenrechtsverletzungen bekämpfen

Die Autor*innen analysieren, welche Sorgfaltspflichten und Handlungsmöglichkeiten nach dem deutschen Lieferkettengesetz bestehen und geben praktische Empfehlungen für Unternehmen sowie das für die Einhaltung der Vorschriften zuständige Bundesamt für Ausfuhrkontrolle (BAFA). Angesichts der umfassenden politischen und kulturellen Repressionsverhältnisse, in denen Chinas staatlich organisierte Zwangsarbeit stattfindet, so eine der zentralen Schlussfolgerungen, „stellen Audits und andere vertragliche Kontrollmechanismen keine wirksamen Präventionsmaßnahmen dar“. In derartigen Fällen, stünden Unternehmen keine anderen Sorgfaltsmaßnahmen zur Verfügung, als die Geschäftsbeziehungen zu beenden. Vor dem Hintergrund des jetzt verabredeten EU-Verbots von Produkten aus Zwangsarbeit erhalten diese Empfehlungen auch jenseits des deutschen Lieferkettengesetzes zusätzliche Relevanz.

Hintergrund: Beschwerde gegen deutsche Automobilhersteller

Im Juni 2023 hat das ECCHR beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) Beschwerde gegen Volkswagen, BMW und Mercedes Benz erhoben. Die drei Konzerne greifen für die Produktion ihrer Autos auf Rohstoffe und Bauteile zurück, die laut verschiedenen Berichten unter Zwangsarbeit in der Autonomen Uigurischen Region Xinjiang (uigurische Region) abgebaut und produziert werden. Den drei Automobilherstellern wird vorgeworfen, keine angemessenen Schritte zu unternehmen, die Menschenrechtsverstöße in ihren Lieferketten feststellen, verhindern oder beseitigen könnten. Dazu verpflichtet sie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), das am 1. Januar 2023 in Kraft getreten ist. Wir fordern die Einstellung der Geschäftstätigkeiten, solange nicht bewiesen werden kann, dass angemessene Sorgfaltspflichten-Prüfungen durchgeführt werden und es nicht zu Verstößen kommt.

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Wer wir sind

Dem Unrecht das Recht entgegensetzen – das ist das erklärte Ziel und die tägliche Arbeit des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR).

Das ECCHR ist eine gemeinnützige und unabhängige Menschenrechtsorganisation mit Sitz in Berlin. Sie wurde 2007 von Wolfgang Kaleck und weiteren internationalen Jurist*innen gegründet, um die Rechte, die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sowie anderen Menschenrechtsdeklarationen und nationalen Verfassungen garantiert werden, mit juristischen Mitteln durchzusetzen.

Gemeinsam mit Betroffenen und Partner*innen weltweit nutzen wir juristische Mittel, damit die Verantwortlichen für Folter, Kriegsverbrechen, sexualisierte Gewalt, wirtschaftliche Ausbeutung und abgeschottete Grenzen nicht ungestraft davonkommen.

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