Berlin – Zwei Jemeniten, deren Angehörige bei einem US-Drohnenangriff getötet wurden, reichten eine Beschwerde beim höchsten deutschen Gericht im Fall Bin Ali Jaber gegen Deutschland ein. Bei der Verfassungsbeschwerde geht es um die Verantwortung Deutschlands, die Familie Bin Ali Jaber vor weiteren Angriffen unter Einbeziehung des US-Luftwaffenstützpunkts Ramstein in Rheinland-Pfalz zu schützen.
Salem und Waleed bin Ali Jaber wurden im August 2012 durch Raketen getötet, die von einer US-Drohne abgefeuert wurden. Salem war Imam und hatte nur wenige Tage zuvor gegen Al-Qaida gepredigt. Sein Neffe Waleed war Polizist. Die USA haben nie formell bestätigt, den Angriff durchgeführt zu haben.
Im März 2019 entschied das Oberverwaltungsgericht in Münster noch, dass Deutschland darauf hinwirken müsse, dass die USA bei der Nutzung ihrer Militärbasis das Völkerrecht einhalten. Im November 2020 hob das Bundesverwaltungsgericht dieses Urteil in der Revision auf und entschied, dass die diplomatischen Bemühungen der Bundesregierung ausreichten – unabhängig von der Frage, ob die US-Drohneneinsätze gegen das Völkerrecht verstoßen.
Die Beschwerdeführer Ahmed und Khalid bin Ali Jaber reichten nun mit Unterstützung des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) und Reprieve die Verfassungsbeschwerde gegen dieses Urteil beim Bundesverfassungsgericht ein. Die Beschwerde macht geltend, dass:
- das Gericht die Bundesregierung hätte verpflichten müssen, mehr für den Schutz des Rechts auf Leben der Kläger zu tun;
- die Bedeutung Ramsteins für die US-Drohnenangriffe im Jemen viel größer ist, als das Gericht annimmt;
- das Ausmaß der Völkerrechtswidrigkeit der US-Drohnenangriffe nicht ausreichend geprüft wurde.
„Wir hören immer noch Drohnen über uns und leben immer noch in Angst. Es ist unmöglich, ein normales Leben zu führen – die Familien fühlen sich immer noch in Gefahr. Wir setzen große Hoffnung in das deutsche Gericht“, so Ahmed bin Ali Jaber.
Andreas Schüller, ECCHR-Programmbereichsleiter Völkerstraftaten und rechtliche Verantwortung, ergänzte: „Deutschland muss mehr unternehmen, um das Recht auf Leben der Familie Bin Ali Jaber zu schützen. Die Gefahr durch Drohnenangriffe via Ramstein ist nicht gebannt, deshalb wenden wir uns heute an das Bundesverfassungsgericht.“
„Das bewaffnete US-Drohnenprogramm ist für Tausende von zivilen Opfern verantwortlich und könnte ohne die Unterstützung europäischer Partner, darunter auch Deutschland, nicht funktionieren. Mit dieser Beschwerde ergreift die Familie Bin Ali Jaber Partei für all die unschuldigen Opfer, deren Leben hätte geschützt werden müssen“, sagte Jennifer Gibson von Reprieve.
Die Verfassungsbeschwerde zur Rolle Deutschlands im US-Drohnenprogramm ist Teil der rechtlichen Interventionen des ECCHR zu den Menschenrechtsverletzungen der USA und Verbündeter im Namen der Terrorismusbekämpfung. Das ECCHR und Reprieve arbeiten seit fast zehn Jahren zu Klagen gegen US-Drohnenangriffe weltweit.