Lafarge in Syrien: Der Konzern und vier ehemalige Führungskräfte müssen sich wegen Terrorismusfinanzierung vor Gericht verantworten

Ermittlungen wegen Mittäterschaft an Verbrechen gegen die Menschlichkeit dauern an

16.10.2024

Am 16. Oktober 2024, entschieden die zuständigen Untersuchungsrichter*innen, dass sich das Unternehmen Lafarge SA und vier ehemalige Führungskräfte vor dem französischen Strafgericht verantworten müssen. Der Vorwurf: Finanzierung einer terroristischen Organisation und Verletzung eines Embargos. Nach acht Jahren Rechtsverfahren begrüßen die Menschenrechtsorganisationen Sherpa und das ECCHR, die in diesem Fall Kläger sind, diesen bedeutenden Schritt. Die Aussicht auf einen Prozess sollte jedoch nicht die kritischen Aspekte des Falls verdecken. Das Unternehmen steht weiterhin unter Anklage wegen Mittäterschaft an Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die von bewaffneten Gruppen begangen wurden.

Im November 2016 reichten Sherpa, das ECCHR und elf ehemalige syrische Mitarbeiter Klage ein, nachdem die Presse über die Vorwürfe berichtete. Angeklagt sind das französische Unternehmen Lafarge, eine Tochtergesellschaft aus Syrien und mehrere Führungskräfte . Der französische Zementriese wird beschuldigt den sogenannten Islamischen Staat und andere bewaffnete Gruppen in Syrien unterstützt zu haben, um trotz des Konfliktes und der Risiken für die Angestellten weiter produzieren zu können. 2017 eröffnete die Justiz ein Ermittlungsverfahren  und erhob Anklage gegen das Unternehmen und mehrere seiner  Führungskräfte.  

Heute folgten die Ermittlungsrichter*innen teilweise dem Antrag der Staatsanwaltschaft: Lafarge und vier ehemalige Führungskräfte des Mutterkonzerns sowie der syrischen Tochtergesellschaft wurden angeordnet, sich vor einem Strafgericht wegen Finanzierung eines terroristischen Unternehmens und Verstoßes gegen ein europäisches Embargo, das alle finanziellen oder kommerziellen Beziehungen zu den Organisationen al-Nosra und Islamischer Staat verbietet, zu verantworten. Auch zwei ehemalige Mitarbeiter, die für die Sicherheit der syrischen Fabrik zuständig waren, sowie Firas Tlass, ein renommierter syrischer Geschäftsmann, müssen sich vor Gericht verantworten. Die Anklage gegen den ehemaligen Sicherheitsdirektor von Lafarge wurde jedoch fallengelassen.

Bei dem bevorstehenden Prozess wegen Terrorismusvorwürfen werden syrische Mitarbeiter*innen keine Entschädigung beantragen können, da sie für diese Straftaten als Kläger unzulässig angesehen wurden.

Die Ermittlungen zur Beteiligung an Verbrechen gegen die Menschlichkeit dauern an

Während die heutige Entscheidung einen Teil der richterlichen Ermittlungen abschließt, geht dieser Fall über die Finanzierung von Terrorismus hinaus.

Lafarge ist das erste Unternehmen der Welt, das wegen Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt wurde. Wie der französische Oberste Gerichtshof betonte, ist es die Vielzahl der Beihilfeakte, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit ermöglicht – diese werden als „die schwerwiegendsten Verbrechen“ betrachtet. Mittäterschaft darf daher nicht ungestraft bleiben.

Ein langer Kampf für die syrischen Kläger

Die richterlichen Ermittlungen zeigen, dass syrische Arbeiter*innen vielen Bedrohungen ausgesetzt waren, einschließlich Verletzungsrisiken, Entführung und Tod. Trotz dieser Beweise wies der französische Oberste Gerichtshof im vergangenen Januar die Anklage gegen Lafarge wegen Gefährdung des Lebens seiner syrischen Arbeiter*innen zurück.

Sherpa und ECCHR arbeiten weiterhin an der Seite der Kläger, um sicherzustellen, dass sie Gerechtigkeit erfahren.

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Dem Unrecht das Recht entgegensetzen – das ist das erklärte Ziel und die tägliche Arbeit des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR).

Das ECCHR ist eine gemeinnützige und unabhängige Menschenrechtsorganisation mit Sitz in Berlin. Sie wurde 2007 von Wolfgang Kaleck und weiteren internationalen Jurist*innen gegründet, um die Rechte, die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sowie anderen Menschenrechtsdeklarationen und nationalen Verfassungen garantiert werden, mit juristischen Mitteln durchzusetzen.

Gemeinsam mit Betroffenen und Partner*innen weltweit nutzen wir juristische Mittel, damit die Verantwortlichen für Folter, Kriegsverbrechen, sexualisierte Gewalt, wirtschaftliche Ausbeutung und abgeschottete Grenzen nicht ungestraft davonkommen.

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