Der Runde Tisch für nachhaltiges Palmöl (RSPO) steht seit Jahren in der Kritik: Menschenrechtsorganisationen berichten immer wieder von Verstößen gegen Arbeits- und Menschenrechtsstandards durch RSPO-zertifizierte Unternehmen. Dies gilt unter anderem Palmölplantagen in Guatemala, zum Nachteil von für Arbeiter*innen, lokalen indigenen Gemeinden und der Umwelt. Recherchen von ECCHR und foodwatch zeigen, dass es auf diesen Plantagen regelmäßig zu exzessiven Arbeitsaufträgen, unzureichenden Löhnen und dem Verbot der Gewerkschaftsbildung kommt. Zudem führt der Einsatz von Pestiziden zu Verschmutzungen des Trinkwassers der umliegenden Gemeinden. Im Fokus der Kritik steht die Firma NaturAceites, die Palmöl in Monokultur auf Plantagen anbaut, deren Flächen zuvor traditionell von der indigenen Bevölkerung genutzt und diesen gegen ihren Willen entzogen wurden. Laut Berichten von Organisationen vor Ort seien Demonstrationen gegen den Landraub von Sicherheitskräften gewaltsam unterdrückt worden und Mitglieder der Gemeinden würden kriminalisiert und eingeschüchtert; erst Anfang diesen Monats wurde wieder über einen solchen Vorfall berichtet.
Gemeinsam mit foodwatch und den betroffenen Gemeinden hat das ECCHR im Januar 2024 eine Beschwerde im Rahmen des Lieferkettengesetzes (LkSG) bei Edeka eingereicht. Die Supermarktkette wurde aufgefordert, ihrer Verantwortung für die Menschenrechte in der Palmöllieferkette nachzukommen. Edeka verkauft Produkte, die in der Fabrik der Walter Rau Lebensmittel GmbH in Hilter hergestellt werden, welche seit Jahren Palmöl aus guatemaltekischen Plantagen der Firma NaturAceites bezieht.
In der Zwischenzeit hat der RSPO die Vorwürfe in Bezug auf NaturAceites überprüft und im August 2024 zwei von fünf Zertifikaten auf Grund gravierender Verstöße für maximal sechs Monate ausgesetzt. Um die Zertifikate wieder in Kraft zu setzen, muss NaturAceites alle Missstände vor Ablauf der sechs Monate beheben. NaturAceites hat vorerst Einspruch erhoben.
Die Betroffenen sowie foodwatch und ECCHR begrüßen die Reaktion des RSPO und erwarten, dass der RSPO bald weitere Informationen über die Überprüfungen und deren Ergebnisse zur Verfügung stellt. Sie betonen jedoch, dass das RSPO-Siegel weiterhin ein unzureichendes Mittel ist, um wirksam Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen in der Palmöllieferkette zu verhindern. Unternehmen können sich ihrer Sorgfaltspflicht nicht dadurch entziehen, dass sie entsprechende Prüfungen auf Zertifizierungsinitiativen auslagern. Dies zeigt sich auch daran, dass NaturAceites die RSPO-Zertifizierung bekommen konnte, obwohl die aufgedeckten Missstände, die nun auch vom RSPO anerkannt werden, bereits zum Zeitpunkt der Zertifizierung bestanden.
Zentraler Bestandteil der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten ist die Einbindung der lokalen Gemeinden und sonstigen Betroffenen vor Ort. Aktuell ist völlig unklar, inwieweit Edeka die Betroffenen hinsichtlich der Beseitigung der Missstände konsultiert und wie ihre Landrechte anerkannt werden sollen.
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