Historisch sind die deutschen Kolonialverbrechen in Namibia relativ gut aufgearbeitet – rechtlich nicht. Seit 2015 verhandeln die deutsche und die namibische Regierung über eine mögliche Wiedergutmachung für die Verbrechen, insbesondere den Völkermord an Ovaherero und Nama. Dieser Schritt barg enormes Potenzial, um Versöhnung und eine nachhaltige Grundlage für zukünftige Beziehungen zwischen Deutschland und Namibia zu schaffen. Diese Chance wurde jedoch vertan.
Die beiden Regierungen vereinbarten eine strikte Geheimhaltungspflicht für die Verhandlungen, die Zivilgesellschaften der beiden Länder hatten daher keine Möglichkeit, sich angemessen zu informieren. Vertreter*innen von Opfernachfahren und betroffene Communities kritisierten von Beginn an, dass sie nicht in angemessener Weise beteiligt waren. Dass das zuvor angekündigte „Versöhnungsabkommen“ im Juni 2021 schlussendlich nur als „Gemeinsame Erklärung“ zustande kam, spricht Bände. Der vorhergehende Verhandlungsprozess missachtete zudem völkergewohnheitsrechtliche Beteiligungsrechte. Die deutsche Regierung ruht sich auf formalen Gesten aus, entzieht sich jedoch jeglicher rechtlicher Verantwortung für die Kolonialverbrechen. Zwar will Deutschland in den kommenden Jahren „Hilfsprogramme“ in Namibia anstoßen – doch Entwicklungshilfe ist nicht gleich rechtliche Anerkennung auf Augenhöhe oder die tatsächliche Leistung von Reparationen.
Echte und nachhaltige Versöhnung kann so nicht funktionieren. Lesen Sie hier die ECCHR-Stellungnahme zur „Kolonialismus-Erklärung“ zwischen Deutschland und Namibia.