Lieferkettengesetz: BAFA beteiligt Betroffene endlich an Verfahren

23.10.2024

Großer Erfolg für die ecuadorianische Gewerkschaft ASTAC und insgesamt für Beschwerden nach dem deutschen Lieferkettengesetz: Das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) erkennt ASTAC endlich als vollwertige Verfahrensbeteiligte an und gewährt der Gewerkschaft Einsicht in die Verfahrensakten. ASTAC hatte zusammen mit ihren Unterstützern Oxfam, ECCHR und Misereor vor fast genau einem Jahr beim BAFA Beschwerde gegen die Supermarktketten Rewe und Edeka wegen Arbeitsrechtsverletzungen  und Unterdrückung von Gewerkschaftsrechten auf Bananenplantagen in Ecuador eingereicht. Aus Mangel an Informationen über das weitere Vorgehen der Behörde hatte die Gewerkschaft schon im Februar dieses Jahres beim BAFA Akteneinsicht beantragt – was das BAFA allerdings zunächst über Monate hinweg verweigerte.

„Dass wir jetzt endlich Akteneinsicht bekommen, trägt zur Transparenz des Beschwerdeprozesses bei“, sagt Jorge Acosta, Generalkoordinator der ecuadorianischen Branchengewerkschaft für den Bananensektor in Ecuador ASTAC. „Das ist für uns ein wichtiger erster Erfolg, denn bisher war das Verfahren beim BAFA für uns als Beschwerdeführer wie eine Blackbox. Wir konnten nicht mitbestimmen, welche Maßnahmen zum Schutz unserer Rechte ergriffen werden – dabei kennen wir die Situation vor Ort am besten und sind direkt davon betroffen.“

„Ohne Beteiligung der Beschwerdeführenden am gesamten Verfahren ist eine wirksame Lösung des Falles kaum denkbar“, meint auch Franziska Humbert, Rechtsanwältin und Teamleitung Wirtschaft und Menschenrechte bei der Entwicklungsorganisation Oxfam. „Erst jetzt haben die Beschwerdeführenden eine echte Chance, auf das Verfahren Einfluss zu nehmen und mit dem deutschen Gesetz die Situation vor Ort in Ecuador zu verbessern!“.

„Die Anerkennung von ASTAC als Verfahrensbeteiligte hat Auswirkung auch auf andere Beschwerden nach dem Lieferkettengesetz: Alle Betroffenen, die eine Beschwerde einreichen, müssen künftig am Verfahren beteiligt werden und Einsicht in die Verfahrensakten erhalten.“ sagt Annabell Brüggemann, Legal Advisor beim ECCHR.

Kritik am Beschwerdeverfahren bleibt aber bestehen: „Für Betroffene bleibt der Aufwand dennoch hoch. Viele wissen nicht einmal, dass sie Akteneinsicht beantragen können. Gerade bei transnationalen Verfahren ist es ohne Unterstützung schwierig, Beschwerde bei einer deutschen Behörde einzureichen“, warnt Annabell Brüggemann vom ECCHR. „Deshalb sollte das BAFA die Betroffenen aktiv über das Verfahren informieren – das wird mit der neuen EU-Richtlinie ohnehin Pflicht.“

Armin Paasch von Misereor ergänzt: „Die Gewährung der Akteneinsicht stärkt den zentralen Hebel im deutschen Lieferkettengesetz zum Schutz der Betroffenen vor Menschrechtsverletzungen. Die Bundesregierung muss jetzt sicherstellen, dass das BAFA konsequent gegen Menschenrechtsverstöße deutscher Unternehmen vorgeht. Vor allem appellieren wir an Bundeskanzler Olaf Scholz klarzustellen, dass das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz bis zum Anwendungsbeginn der EU-Lieferkettenrichtlinie vollumfänglich gilt.“ Scholz hatte beim gestrigen Arbeitgebertag missverständlich gesagt, dass das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz „wegkommt“.
 

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