Argentinische Militärdiktatur: Angeklagter Ex-Militär Luis Kyburg gestorben

ECCHR bedauert das Ausbleiben von Prozess und Gerechtigkeit

16.11.2023

Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft bestätigte heute den Tod des ehemaligen argentinischen Marineoffizier Luis Kyburg. Gegen Kyburg liegt seit 2013 ein internationaler Haftbefehl wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. Seit 2014 ermittelt die Berliner Generalstaatsanwaltschaft gegen Kyburg wegen Verdacht des Mordes. In seiner Funktion als Vizekommandant einer Eliteeinheit auf der Marinebasis Mar del Plata soll Kyburg 1976 zu Beginn der argentinischen Militärdiktatur (1976 – 1983) mitverantwortlich für schwerste Verbrechen gewesen sein. Der Deutsch-Argentinier setzte sich 2013 nach Deutschland ab, um der Strafverfolgung in Argentinien zu entgehen. Als deutscher Staatsbürger war seine Auslieferung ausgeschlossen. Vor wenigen Tagen erhob die Generalstaatsanwaltschaft nach umfangreichen Ermittlungen eine 220-seitige Anklage wegen Mordes in 23 Fällen beim Landgericht Berlin.

Bereits 2018 reichte Anahí Marocchi, die Schwester des 1976 in Mar del Plata getöteten Omar Marocchi mit Unterstützung des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), Strafanzeige gegen Luis Kyburg bei der Berliner Generalstaatsanwaltschaft ein. Darüber hinaus unterstützte das ECCHR seit 2023 Fabián und Claudio Hallgarten, die Brüder von Fernando Hallgarten, der auch 1976 ermordet wurde.

“Dass die Einheit des ehemaligen Militärs Kyburg an Verbrechen gegen die Menschlichkeit beteiligt war, ist erwiesen. Sein Vorgesetzter und mindestens 48 weitere, damals in Mar del Plata stationierte Militärs, wurden in Argentinien bereits wegen  Folter, Mord und Entführung verurteilt. Daher ist es umso bedauerlicher, dass den Opfern sowie ihren Familienangehörigen keine Gerechtigkeit widerfuhr. Immerhin liegt eine umfangreiche und solide Anklage der Berliner Generalstaatsanwaltschaft vor und  in Argentinien wurden die meisten von Kyburgs Mittätern von Gerichten verurteilt”, so Wolfgang Kaleck, Generalsekretär des ECCHR.

In Argentinien selbst wurden bereits über 1000 Personen für die Verbrechen während der Militärdiktatur unter Rafael Videla abgeurteilt. Den Betroffenen und den Hinterbliebenen der etwa 30.400 Argentinier*innen die Opfer des systematischen Terrors wurden, konnte so ein Stück weit Gerechtigkeit widerfahren.

Zusätzliche Informationen:

Die “Koalition gegen die Straflosigkeit”, deren Mitglied das ECCHR ist, arbeitet seit 1998 zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit während der argentinischen Militärdiktatur. Wolfgang Kaleck vertrat seinerzeit als Rechtsanwalt Familienangehörige und Überlebende in Fällen in Deutschland, was 2003 zu einem Haftbefehl gegen den ehemaligen argentinischen Diktator Rafael Videla führte. Neben den Verbrechen des argentinischen Militärregimes lag sein Fokus auch auf Unternehmen wie Mercedes Benz, die mit dem damaligen Regime kooperierten und in Verbrechen gegen die Menschlichkeit involviert sind.

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Dem Unrecht das Recht entgegensetzen – das ist das erklärte Ziel und die tägliche Arbeit des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR).

Das ECCHR ist eine gemeinnützige und unabhängige Menschenrechtsorganisation mit Sitz in Berlin. Sie wurde 2007 von Wolfgang Kaleck und weiteren internationalen Jurist*innen gegründet, um die Rechte, die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sowie anderen Menschenrechtsdeklarationen und nationalen Verfassungen garantiert werden, mit juristischen Mitteln durchzusetzen.

Gemeinsam mit Betroffenen und Partner*innen weltweit nutzen wir juristische Mittel, damit die Verantwortlichen für Folter, Kriegsverbrechen, sexualisierte Gewalt, wirtschaftliche Ausbeutung und abgeschottete Grenzen nicht ungestraft davonkommen.

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