NATO-Luftangriff auf die Brücke von Varvarin

Serbien – NATO – Varvarin

Dem sogenannten Varvarin-Verfahren in Deutschland liegt die Bombardierung einer Brücke im serbischen Hinterland während der NATO-Operation Allied Force im Zuge des Kosovo-Krieges zugrunde.

Am 30. Mai 1999, einem hohen kirchlichen Feiertag und Markttag mit vielen Menschen auf Straßen und Plätzen, hatten Flugzeuge die Brücke in der Kleinstadt Varvarin zweimal angegriffen und dabei zehn Menschen getötet und 30 weitere, davon 17 schwer, verletzt.

Fall

Seit 1999 versuchen die Betroffenen gerichtlich eine Entschädigung von der Bundesrepublik Deutschland zu erlangen. Dabei scheiterten sie jedoch in drei Instanzen sowie im August 2013 vor dem Bundesverfassungsgericht. Mit der Entscheidung des Verfassungsgerichts bleibt den Betroffenen weiterhin der Zugang zu Entschädigungsklagen für den rechtswidrigen Angriff der NATO verwehrt. Weder gegen die NATO direkt, noch gegen am NATO-Einsatz beteiligte Nationen wie die Bundesrepublik Deutschland konnte bislang eine Entschädigung für den Verlust der Angehörigen erreicht werden.

Die Forderung, den Geschädigten von Kriegshandlungen einen Weg vor die ordentlichen Gerichte zu eröffnen, bleibt damit aktuell. Das ECCHR hat die Rechtsanwälte Sönke Hilbrans und Wolfgang Kaleck in dem Verfahren unterstützt. Die Professoren Michael Bothe (Frankfurt am Main) und Andreas Fischer-Lescano (Bremen) reichten als Gutachter zwei Stellungnahmen auf Seiten der Betroffenen ein.

Kontext

Trotz der Ablehnung kritisierte das Bundesverfassungsgericht in dem Beschluss einige Aspekte der Entscheidungen der Vorinstanzen, die für andere Verfahren von Bedeutung sind. Das Bundesverfassungsgericht rügte zum einen ausdrücklich, dass die Vorinstanzen den Klägern die volle Beweis- und Darlegungslast für den tatsächlichen Geschehensablauf, also die Planung und Durchführung der Bombardierung, auferlegt hatten, obwohl dies für serbischen Kläger offenkundig unmöglich war.

Zum anderen beanstandete das Bundesverfassungsgericht, dass die Fachgerichte der Bundesregierung einen gerichtlich nicht überprüfbaren Beurteilungsspielraum für die Erstellung so genannter Ziellisten eingeräumt hatten. Diese Listen enthalten Objekte, die ein vermeintlich legitimes militärisches Angriffsziel darstellten. Das Oberlandesgericht Köln und der Bundesgerichtshof waren in ihren Entscheidungen der Auffassung der Bundesregierung gefolgt, demzufolge eine Überprüfung derartiger Listungen im außen- und verteidigungspolitischen Ermessen stehen und nicht justiziabel sei.

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