Report: EU muss Betroffenen schwerster internationaler Verbrechen besseren Zugang zu Recht verschaffen

26.10.2020

Paris/Den Haag/Berlin — Überlebende und Opfer von Folter, Kriegsverbrechen und anderen schweren internationalen Verbrechen müssen in der EU endlich besseren Zugang zu Recht erhalten. Das fordern die Menschenrechtsorganisationen   FIDH, ECCHR und REDRESS in ihrem heute veröffentlichten Bericht Breaking Down Barriers: Access to Justice in Europe for Victims of International Crimes. Trotz vieler Fortschritte ist es für Betroffene in der EU weiterhin schwierig, ihre Rechte wahrzunehmen und sich an Gerichtsverfahren zur Aufarbeitung von internationalen Verbrechen zu beteiligen. Der Bericht untersucht insbesondere die Situation in Deutschland, Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Schweden und liefert Empfehlungen, um den Zugang zu Informationen, Schutz und Hilfeleistungen für Betroffene zu verbessern.

Weil Täter schwerster internationaler Verbrechen versuchen, sich innerhalb der Europäischen Union der Justiz zu entziehen, hat die EU den Kampf gegen Straflosigkeit zur Priorität gemacht. Einige Mitgliedstaaten haben Sondereinheiten eingerichtet, um potenzielle Täter von Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord, Folter und Verschwindenlassen zu identifizieren und strafrechtlich zu verfolgen. Gleichzeitig wurden Mechanismen eingerichtet, um besser auf die Rechte und Bedürfnisse der Opfer dieser Verbrechen einzugehen. Doch Überlebende internationaler Verbrechen treffen noch immer auf viele Hürden, die die Ausübung ihrer Rechte auf Information, Teilhabe, Schutz und Entschädigung sowie auf psychologische und soziale Versorgung beeinträchtigen. 

„Unser Bericht zeigt Best Practices auf, die Betroffenen von internationalen Verbrechen den Zugang zu Information, Schutz und Hilfeleistungen erleichtern. Wir begrüßen diese Fortschritte – aber es müssen noch viele weitere Schritte folgen, damit die Betroffenen ihre Rechte wahrnehmen und sich aktiv an Gerichtsverfahren beteiligen können,” sagte Rechtsanwältin Sarah Finnin, Projektleiterin des Berichts Breaking Down Barriers

Der syrische Menschenrechtsverteidiger Mansour Omari, der in Europa die juristische Aufarbeitung von Verbrechen der syrischen Regierung unterstützt, erklärte: „Wenn man die Betroffenen stärkt, können sie sich aktiver einbringen bei der Verbesserung des Zugangs zu Recht. Das Konzept muss inklusiv und tatsächlich umsetzbar sein. Als Folterüberlebender fordere ich die europäischen Behörden dazu auf, Wege zu finden, die Bedürfnisse und Anliegen der Betroffenen besser in die Strafverfolgung einzubeziehen.”

Die Probleme der Betroffenen zeigen grundsätzliche Schwierigkeiten bei der Strafverfolgung internationaler Verbrechen auf nationaler Ebene. So fehlt ein umfangreicher Schutz von Betroffenen, die weiterhin in Konfliktgebieten leben. Politische Entscheidungen der einzelnen EU-Mitgliedstaaten führen außerdem dazu, dass Urteile über die Nichtverfolgung von Straftaten kaum anzufechten sind oder Entschädigungszahlungen fehlen. 

Für den 130-seitigen Bericht wurden über zwei Jahre Gesprächen mit rund 140 Ermittlern, Staatsanwälten und anderen Experten geführt. Er analysiert die Praktiken von spezialisierten Einheiten in Belgien, Frankreich, Deutschland, den Niederlanden und Schweden. Die Ergebnisse und Empfehlungen sind aber auch relevant für andere EU-Staaten, die internationale Verbrechen untersuchen und strafrechtlich verfolgen sowie für politische Entscheidungsträger, die an der Umsetzung der EU-Opferschutzrichtlinie arbeiten.

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Wer wir sind

Dem Unrecht das Recht entgegensetzen – das ist das erklärte Ziel und die tägliche Arbeit des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR).

Das ECCHR ist eine gemeinnützige und unabhängige Menschenrechtsorganisation mit Sitz in Berlin. Sie wurde 2007 von Wolfgang Kaleck und weiteren internationalen Jurist*innen gegründet, um die Rechte, die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sowie anderen Menschenrechtsdeklarationen und nationalen Verfassungen garantiert werden, mit juristischen Mitteln durchzusetzen.

Gemeinsam mit Betroffenen und Partner*innen weltweit nutzen wir juristische Mittel, damit die Verantwortlichen für Folter, Kriegsverbrechen, sexualisierte Gewalt, wirtschaftliche Ausbeutung und abgeschottete Grenzen nicht ungestraft davonkommen.

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