„Der Internationale Strafgerichtshof handelt strikt nach rechtlichen Gesichtspunkten basierend auf dem Römischen Statut, das 124 Staaten ratifiziert haben. Die jetzt erstmalig zu Israel und Palästina beantragten Haftbefehle gegen den israelischen Premierminister Netanjahu, den israelischen Verteidigungsminister Galant und die Hamas-Spitzen Sinwar, Deif und Hanija sind tatsächlich ein bedeutsamer juristischer Schritt.
Allerdings überraschen diese Anträge gegen israelische Politiker und Militärs sowie führende Hamas-Vertreter weniger in der Sache selbst. Gibt es doch mannigfaltige Hinweise auf Verstöße gegen das Völkerrecht seitens Israels sowie eindeutige Vorwürfe gegen die Hamas, Kriegsverbrechen begangen zu haben. Dass der Gerichtshof sich aber weder dem israelischen noch dem massiven US-amerikanischen Druck beugt und seine Ermittlungen fortzuführen beabsichtigt, kann nicht hoch genug bewertet werden. Denn es bedeutet eine Stärkung des internationalen Rechts über den konkreten Fall hinaus.
Der Gerichtshof hat bereits vor etwa einem Jahr mit seinem Haftbefehl gegen Präsident Putin aufgrund seiner Verantwortung für Kriegsverbrechen in der Ukraine Furore gemacht. Wenn die Ankläger in Den Haag jetzt Haftbefehle gegen israelische Politiker und Militärs sowie führende Vertreter der Hamas beantragen, verdeutlichen sie, dass das Völkerstrafrecht ein universelles Maß des Handelns ist, vor dem sich gleichermaßen alle zu verantworten haben.
Die richtige Antwort der Bundesregierung wäre jetzt, den IStGH gegen die beginnenden Anfeindungen, vor allem aus den USA und Israel, politisch zu stärken und das Gericht auch aktiv durch etwaige Zeugenvernehmungen in Deutschland zu unterstützen. Der Generalbundesanwalt hat es leider bis heute nicht geschafft, ein völkerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren zu Völkerstraftaten in Israel und Palästine eröffnen. Das wäre spätestens jetzt ein juristisches Gebot der Stunde.“