Berlin, 10. Juni 2018 – Der internationale Haftbefehl der deutschen Justiz gegen Jamil Hassan, Chef des syrischen Luftwaffengeheimdiensts, ist ein Meilenstein im Kampf gegen die Straflosigkeit. So sehen es Folterüberlebende und Aktivisten aus Syrien, deren Aussagen und Strafanzeigen entscheidend zu dem Haftbefehl beitrugen. Insgesamt 24 Frauen und Männer hatten 2017 gemeinsam mit den Juristen Anwar al-Bunni (Syrian Center for Legal Research and Studies, SCLRS) und Mazen Darwish (Syrian Center for Media and Freedom of Expression, SCM) sowie dem European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) beim Generalbundesanwalt (GBA) in Karlsruhe vier Strafanzeigen gegen hohe Funktionäre der Regierung von Baschar al-Assad eingereicht.
Die vom ECCHR erarbeiteten Anzeigen benennen neben Jamil Hassan weitere 26 Entscheidungsträger der Geheimdienste und des Militärs in Syrien. Die Klagevorwürfe sind unter anderem: Folter als Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen. Eine dieser Strafanzeigen stellte das ECCHR gemeinsam mit der „Caesar Files Group“. Dabei übergab die Gruppe dem GBA auch weitere der so genannten Caesar-Fotos und die dazugehörigen Metadaten – wichtige Belege für den Haftbefehl gegen Hassan.
„Jamil Hassan ist für die Folter an mir und meinen Freunden verantwortlich. Ich setze auf das Recht und nicht auf Vergeltung. Heute zeigt sich, dass dies der richtige Weg ist und das freut mich sehr“, sagte Yazan Awad, einer der Anzeigenerstatter. Er wurde viereinhalb Monate vom Luftwaffengeheimdienst gefangen halten und schwer gefoltert.
„Dieser Haftbefehl ist mir ein Licht im Dunkeln. Eine Hoffnung, dass die Wahrheit bekannt wird, dass mehr Gefangene die Haft überleben und ein Zeichen dafür, dass die Welt das Leid der Syrer anerkennt", sagte ein anderer Anzeigenerstatter, der zum Schutz seiner Familie anonym bleiben möchte. Er wurde unter Folter gezwungen, Information über andere Aktivisten preiszugeben.
„Die Entscheidung der deutschen Justiz zeigt, dass Recht und Gerechtigkeit respektiert und nicht politischen Gründen geopfert werden“, sagte Anwar al-Bunni. „Es ist ein Sieg für die Betroffenen, die schon so lange auf Gerechtigkeit warten.“
Mazen Darwish ergänzte: „Diese großartige Nachricht zeigt, dass es möglich ist, der Straflosigkeit für die Verbrechen in Syrien etwas entgegenzusetzen. Der Dank dafür gebührt nicht zuletzt den Folterüberlebenden – ohne ihren Mut und ihre Entschiedenheit gäbe es diesen Haftbefehl nicht.“
ECCHR-Generalsekretär Wolfgang Kaleck betonte: „Die Hauptverantwortlichen für die Folter in Syrien gehören vor Gericht und Hassan ist da kein Einzeltäter, er steht für das jahrzehntelange Foltersystem unter Assad." Nun müssten auch die Behörden anderer Länder in Europa folgen. Dazu hat das ECCHR zuletzt am 28. Mai 2018 in Österreich eine Strafanzeige eingereicht.