Fluchtpunkt NRW: Weitere Strafanzeige gegen ein ehemaliges Führungsmitglied der Colonia Dignidad

Staatsanwaltschaft Münster soll wegen Beihilfe zu Mord ermitteln – Verantwortliche für Verbrechen in der Colonia Dignidad leben von der Justiz unbehelligt in Deutschland

15.10.2018

15. Oktober 2018 – Die deutsche Justiz, insbesondere die Behörden in Nordrhein-Westfalen (NRW),
müssen endlich dazu beitragen, dass die Verbrechen in der Colonia Dignidad aufgearbeitet werden. Das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) in Berlin fordert Ermittlungen gegen Reinhard Döring, ehemaliges Führungsmitglied der auslandsdeutschen Sektensiedlung in Chile. Das ECCHR wirft Döring vor, mindestens in zwei Fällen die Ermordung von Gegnern der Pinochet-Diktatur auf dem Gelände der Colonia Dignidad unterstützt zu haben. Mit der Bewachung Gefangener und mit Fahrdiensten zu Erschießungsstätten soll Döring die Tötungen erleichtert haben. Der Staatsanwaltschaft Münster liegt seit April 2018 eine Strafanzeige des ECCHR gegen Döring vor.

Döring war Teil der Führungsriege der Colonia Dignidad. Die Sektensiedlung im Süden Chiles war
jahrzehntelang Ort schwerster Menschenrechtsverletzungen. Döring floh – wie der ehemalige Sektenarzt Hartmut Hopp und andere Mitglieder des Führungskreises – nach Deutschland, als ihm 2004 in Chile der Prozess drohte. „Es ist höchste Zeit, dass jemand wie Reinhard Döring zur Verantwortung gezogen wird. Doch die deutsche Justiz blockiert seit Jahrzehnten die Aufarbeitung der Verbrechen in der Colonia Dignidad“, sagt Andreas Schüller, Leiter des Programmbereichs Völkerstraftaten und rechtliche Verantwortung beim ECCHR. „Die laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaften in Krefeld und Münster müssen gebündelt und priorisiert werden.“

Schon 2011 stellte das ECCHR Strafanzeige wegen Beihilfe zum Mord, sexuellem Missbrauch und schwerer Körperverletzung gegen Hopp. Der Sektenarzt, der als „rechte Hand“ von Sektengründer Schäfer galt, wurde in Chile wegen Beihilfe zum sexuellen Missbrauch von Minderjährigen verurteilt, floh vor dem Strafvollzug aber nach Deutschland. Einen Antrag der chilenischen Justiz zur Vollstreckung des Urteils in Deutschland lehnte das Oberlandesgericht Düsseldorf im September 2018 ab.

In einem gemeinsamen Brief (s.u.) an NRW-Justizminister Peter Biesenbach fordern ECCHR und das Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika e.V., die Zentralisierung der Ermittlungen im Fall Colonia Dignidad.

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Das ECCHR ist eine gemeinnützige und unabhängige Menschenrechtsorganisation mit Sitz in Berlin. Sie wurde 2007 von Wolfgang Kaleck und weiteren internationalen Jurist*innen gegründet, um die Rechte, die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sowie anderen Menschenrechtsdeklarationen und nationalen Verfassungen garantiert werden, mit juristischen Mitteln durchzusetzen.

Gemeinsam mit Betroffenen und Partner*innen weltweit nutzen wir juristische Mittel, damit die Verantwortlichen für Folter, Kriegsverbrechen, sexualisierte Gewalt, wirtschaftliche Ausbeutung und abgeschottete Grenzen nicht ungestraft davonkommen.

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