Assads Geheimdienstchef im Fokus: Syrische Folterüberlebende reichen Strafanzeige in Norwegen ein

Europas Rolle im Kampf gegen die Straflosigkeit in Syrien

12.11.2019

Oslo/Berlin, 12. November 2019 – In Deutschland wird 2020 voraussichtlich der weltweit erste Strafprozess zu Staatsfolter in Syrien stattfinden. Auch in anderen europäischen Ländern wie Norwegen könnten Ermittlungen und Prozesse den Weg ebnen, um der Straflosigkeit für schwere Verbrechen unter der Regierung des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad ein Ende zu setzen. Deswegen haben fünf syrische Folterüberlebende am 11. November in Oslo Strafanzeige gegen 17 hochrangige Beamte von Assads Geheimdienstapparat eingereicht – unter anderem wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit in insgesamt 14 verschiedenen Haftanstalten. Ähnliche Strafanzeigen, Ermittlungen und Verfahren gibt es auch in Frankreich, Schweden und Österreich.

„Ich möchte die Verantwortlichen für Assads Folter-System vor Gericht sehen. Ich beteilige mich an der Strafanzeige in Norwegen, weil es in Syrien derzeit keine Aussicht auf  Gerechtigkeit gibt. Ermittlungen in Europa senden ein wichtiges Signal: Niemand, auch kein hochrangiger Geheimdienstchef, steht über dem Gesetz“, sagte einer der Anzeigeerstatter. Er* wurde vom syrischen Allgemeinen Geheimdienst inhaftiert und mehrfach gefoltert.

Eine Anzeigeerstatterin*, die drei Mal inhaftiert wurde, ergänzte: „Als ich 2013 aus dem Gefängnis kam, war ich mehr tot als lebendig. Bis heute leide ich unter den Folgen der Folter.  Anzeige zu erstatten ist mein Weg, meine Stimme für all jene Frauen zu erheben, die in Assads Haftanstalten noch heute jeden Tag das erleiden, was mir angetan wurde. Ich bin zuversichtlich, dass die norwegischen Behörden die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen werden.“

Die syrischen Folterüberlebenden reichten die Beschwerde gemeinsam mit dem Syrian Center for Legal Research and Studies (SCLRS), dem Syrian Center for Media and Freedom of Expression (SCM), der Caesar Files Group (CFSG), dem Norwegian Helsinki Committee (NHC) und dem European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) ein. Die Organisationen, deren Recherchen und rechtliche Expertise der Anzeige zugrunde liegen, arbeiten seit Monaten eng mit den Anzeigeerstattern zusammen.

Wie schon bei den bisherigen Strafanzeigen in anderen europäischen Ländern nutzen die Organisationen und Anzeigeerstatter auch in Norwegen das Weltrechtsprinzip. Das Ziel der Strafanzeige: Ermittlungen und internationale Haftbefehle gegen die 17 Geheimdienstfunktionäre.
*Die Namen der Anzeigeerstatter werden aus Sicherheitsgründen nicht veröffentlicht.

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