#7 (Post)koloniale Ungerechtigkeit: Völkermord in Namibia und Black Lives Matter

17. November 2021, 18 Uhr MEZ

Der Kolonialismus prägt auch heute noch die soziale, wirtschaftliche und politische Weltordnung. Zusammen mit prominenten Menschenrechtsakteuren diskutieren wir auf dieser letzten Veranstaltung unserer Reihe verschiede Aspekte des postkolonialen Kampfs: die Reparationsforderungen für deutsche Kolonialverbrechen in Namibia, das Erbe der Sklaverei, die unvollendete Dekolonialisierung und eine lebendige Black Lives Matter-Bewegung in den USA. Wie können wir die Menschenrechte nutzen, um den (post-)kolonialen Ungerechtigkeiten entgegenzuwirken? Und wie stehen die sozialen Bewegungen zur Menschenrechtsarbeit und -netzwerken?

Während seiner Kolonialherrschaft enteignete Deutschland die namibische Bevölkerung, unterdrückte sie rassistisch und beraubte sie ihrer Rechte. Der Völkermord an den Ovaherero, Nama und San zu Beginn des 20. Jahrhunderts kostete zehntausenden Menschen das Leben. Die deutsche Regierung nahm noch im Juni 2021 in ihrem „Versöhnungsabkommen“ mit Namibia eine „heutige Perspektive“ ein und verweigert wirksame Wiedergutmachung im Sinne einer restorative justice. Dies zeigt einmal mehr, wie ehemalige Kolonialmächte versuchen, sich einer echten, rechtlichen Verantwortung zu entziehen.

In den USA ist die Black-Lives-Matter-Bewegung untrennbar mit einer historischen, hegemonialen Logik (post-)kolonialer Verbrechen verbunden, von Sklaverei über Imperialismus, weißer Vorherrschaft zu strukturellem Rassismus. Die Geschichte prägt das Fundament und die Vision der Bewegung. Gleichzeitig geht der Kampf um die Wiedergutmachung der Sklaverei weiter. Welche Rolle spielen koloniale Kontinuitäten in der Weiterentwicklung möglicher Widerstandskämpfe?

Unsere Gäste verbinden diese verschiedenen Kämpfe aus einer menschenrechtlichen Perspektive: Sima Luipert, stellvertretende Vorsitzende der Nama Traditional Leaders of Namibia, Vince Warren, Geschäftsführer des Center for Constitutional Rights mit Sitz in New York und Meena Jagannath, Director of Global Programs bei Movement Law Lab mit Sitz in Florida. Wolfgang Kaleck (ECCHR-Generalsekretär) moderiert das Gespräch.

Gäste

Sima Luipert

Sima Luipert ist Entwicklungshelferin und arbeitet im regionalen und ländlichen Entwicklungsmanagement in Namibia. Sie ist Aktivistin für Menschenrechte und sozialen Wandel, mit einem Hintergrund in den Bereichen ländliche Planung und Regulierung, Projektleitung und Kommunalentwicklung. Außerdem ist sie Vorsitzenden der Nama Traditional Leaders Association und unterstützt Nama-Führer beratend.

Vince Warren

Vincent Warren ist ein führender Experte für rassistische Ungerechtigkeit und diskriminierende Polizeiarbeit sowie Geschäftsführer des Center for Constitutional Rights. Unter seiner Leitung hat das CCR unter anderen die Stop-and-Frisk-Politik der New Yorker Polizei und die Erstellung von Profilen von Muslimen erfolgreich angefochten, die Langzeitisolationshaft im kalifornischen Pelican Bay-Gefängnis beendet und die Folter von Gefangenen im Gefängnis von Abu Ghraib verurteilt.

Meena Jagannath

Meena Jagannath ist Anwältin mit einem umfangreichen Hintergrund für Bewegungen und Aktivismus sowie den internationalen Menschenrechten. Sie nutzte ihre juristischen Fähigkeiten, um die Macht der Bewegungen in Südflorida in den Bereichen Arbeitnehmerrechte, Wohnungsbau, Gentrifizierung und Polizeibrutalität aufzubauen und unterstützte verschiedene Delegationen bei den Vereinten Nationen. Zurzeit ist sie Direktorin für globale Programme beim Movement Law Lab.

Wolfgang Kaleck

Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck gründete 2007 mit international aktiven Anwält*innen das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) in Berlin, dessen Generalsekretär und Legal Director er seitdem ist. Als Anwalt vertritt er beispielsweise den Whistleblower Edward Snowden. Zudem ist er als Publizist tätig.