Gegenwärtige feministische Bewegungen, die sich in den vergangenen Jahren weltweit entwickelten, prägt ihr revolutionäres Potenzial – auch in autoritären Kontexten. Wie können ihre Theorien, politischen Inhalte und Organisationsformen – vom kollektiven Aktivismus an der Basis bis hin zu organisierten Streiks – in unserer patriarchalischen Gesellschaft nun die notwendige politische Transformation und den sozialen Wandel wirksam herbeiführen? Was sind ihre Forderungen und Visionen für die Zukunft? Welche Schwierigkeiten bei der Verwirklichung dieser Ziele gibt es? Wie können wir die radikaleren Visionen der Bewegungen unterstützen – und nicht einschränken? Wie wichtig ist es, anzuerkennen, dass Diskriminierung an der Schnittstelle von Geschlecht, Rasse, Klasse, sexueller Orientierung, Religion und mehr entsteht?
Während der neoliberale Feminismus Teil des vorherrschenden Diskurses geworden ist und der Fortführung der kapitalistischen Marktregeln dienen kann, möchten wir darüber diskutieren, ob Feminismus nicht vielmehr eine globale Anklage gegen den Kapitalismus sein sollte. Gemeinsam mit unseren Gästen beschäftigen fragen wir uns daher: Wie hat sich der Begriff der "Arbeit" in den letzten Jahren entwickelt? Wie kann der Feminismus die jüngsten Krisen wie den Auswirkungen von Pandemiebeschränkungen, ungleichem Zugang zu Impfstoffen und Klimagerechtigkeit beschreiben und verstehen? Wie können wir postkoloniale feministische Ansätze unterstützen, die sich mit struktureller Ungerechtigkeit auseinandersetzen? Wie können wir die Menschenrechte nutzen, ohne geschlechtsspezifische Gewalt zu reproduzieren oder patriarchale Unterdrückungssysteme zu verstärken?
In dieser 6. Online-Veranstaltung unserer Reihe „Menschenrechte in Zeiten der Krise: Widerstand und konkrete Utopien“ freuen wir uns zwei Gäste begrüßen zu dürfen: Marta Dillon, Journalistin, Schriftstellerin, lesbische feministische Aktivistin sowie eine der Gründerinnen der Basisbewegung #NiUnaMenos in Argentinien setzt sich gegen geschlechtsspezifische und andere Formen der Gewalt einsetzt und die eng mit Veronica Gago, Autorin von „Feminist International - How to Change Everything“ zusammenarbeitet und das Konzept des feministischen Streiks in allen lateinamerikanischen Ländern verbreitet hat. Zudem freuen wir uns auf Magdalena Baran-Szoltys, Wissenschaftlerin und Co-Autorin des Buches: „Über Forderungen. Wie feministischer Aktivismus gelingt“, die an der polnischen Frauenstreikbewegung und den Protesten gegen das polnische Abtreibungsgesetz #czarnyprotest beteiligt ist, sowie an Frauen*Volksbegehren, einer überparteilichen Volksbegehrensbewegung, die die Gleichstellung der Frau in Österreich fordert. Das Gespräch wird von Wolfgang Kaleck, Generalsekretär des ECCHR, moderiert.
Marta Dillon ist eine lesbische feministische Aktivistin, Journalistin, Schriftstellerin und Dokumentarfilmerin. In der Basisbewegung #NiUnaMenos und dem Ni Una Menos-Kollektivs setzt sich Dillon seit deren Gründungen gegen geschlechtsspezifische und andere Formen der Gewalt ein. Mit den HIJOS-Organisationen, einer Menschenrechtsgruppe, die in den 90er Jahren und Anfang 2000 einen populären Weg der Gerechtigkeit aufbaute, kämpft sie außerdem für Gerechtigkeit gegen die Völkermorde, die während der letzten Diktatur in Argentinien begangen wurden.
Magdalena Baran-Szołtys ist Literaturwissenschaftlerin und Post-Doc am Forschungszentrum für Transformationsgeschichte (RECET) an der Universität Wien, Österreich. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt auf Ungleichheiten und Transformationen in Ostmitteleuropa. Sie spielte eine führende Rolle beim Frauen*Volksbegehren, einer österreichischen, überparteilichen Volksbegehrensbewegung, die die Gleichstellung der Frauen in Österreich fordert.
Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck gründete 2007 mit international aktiven Anwält*innen das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) in Berlin, dessen Generalsekretär und Legal Director er seitdem ist. Als Anwalt vertritt er beispielsweise den Whistleblower Edward Snowden. Zudem ist er als Publizist tätig.
„Ein umfassendes menschenrechtliches Programm beinhaltet die tatsächliche Umstürzung der Verhältnisse, in denen der Mensch vom Menschen geknechtet wird.“ – Wolfgang Kaleck