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Vom Imperium zum Energie-Imperialismus: Deutschlands koloniales Erbe und “Grüne” Projekte in Namaqualand

Namibia – Grüner Wasserstoff – RWE

Viele Expert*innen aus Wirtschaft, Politik und dem Energiesektor sehen „grünen“ Wasserstoff als Schlüsseltechnologie, um globale Dekarbonisierungsziele zu erreichen. Es wird durch Sonnen-, Wind- oder Wasserenergie gewonnen und benötigt große Mengen an Wasser und viel Landfläche. Die EU will 50% ihres grünen Wasserstoffbedarfs importieren. Viel davon aus dem Globalen Süden, indigenen und ländlichen Gebieten, oder Offshore-Gebieten, was eine Fortführung kolonialer Ausbeutungsmuster darstellt.

Führende Energiefirmen missachten wiederholt Menschenrechte und Umweltstandards – sichtbar im Fall von Hyphen Hydrogen Energy (Hyphen Ltd.) in Great Namaqualand, ein Britisch-Deutsches Joint Venture, das in Namibia registriert ist.

2022 hat der Deutsche Energie Gigant RWE eine Absichtserklärung mit Hyphen Ltd. unterzeichnet, Wasserstoff für den Export nach Europa zu kaufen. Die Infrastruktur für Hyphen Ltd. umfasst ein Gebiet über 4000 km² in Great Namaqualand, welches traditionelles Land der Nama ist. Sie waren jedoch von Beginn an von der Entwicklung des Projekts ausgeschlossen. Trotz einer laufenden Umweltverträglichkeitsprüfung durch Hyphen Ltd. haben sie dieser Entwicklung auf ihrem Land nicht zugestimmt. Darüber hinaus befürchten Umweltwissenschaftler, dass das Projekt, das teilweise im Tsau||Khaeb-Nationalpark stattfinden wird, diesen einzigartigen Hotspot der Artenvielfalt gefährden könnte.

El caso

Nach internationalem Menschenrechtsstandards haben indigene Völker das Recht auf Selbstbestimmung und müssen über geplante Entwicklungsprojekte auf ihren Stammesgebieten umfassend informiert und nach Einwilligung gefragt werden. Unternehmen wie RWE müssen mögliche Verletzungen dieser Rechte berücksichtigen, bevor sie in solche Projekte investieren.

Das Volk der Nama, Nachkommen von Opfern des vom Deutschen Reich verübten Völkermordes, wurde in Great Namaqualand seines Landes beraubt, um Diamanten und andere Ressourcen zugunsten deutscher Unternehmen auszubeuten. Heute sind sie in den Entscheidungsprozess über das Hyphen-Projekt nicht angemessen einbezogen worden. Die Stammesgemeinschaften der Nama haben von Hyphen Ltd. keine Informationen darüber erhalten, ob und inwiefern das Unternehmen die spezifischen Auswirkungen auf ihre Menschenrechte prüft. Sie wurden weder konsultiert noch erhielten sie Möglichkeit, ihre Zustimmung oder Ablehnung zu diesem Vorhaben auf ihrem Land zu äußern. Dies verstößt gegen ihr Recht auf freie, vorherige und informierte Zustimmung sowie gegen ihr Recht auf Selbstbestimmung.

Aus diesem Grund hat die Nama Traditional Leaders Association (NTLA) im April 2025 gemeinsam mit dem ECCHR, Forensic Architecture, der Gesellschaft für bedrohte Völker und der Minority Rights Group International ein Schreiben an RWE gerichtet. Darin bitten sie um Auskunft darüber, mit welchen Maßnahmen sichergestellt werden soll, dass das Hyphen Projekt die Rechte der Nama respektiert.

RWE antwortete zwar der NTLA, ging jedoch weder auf deren konkrete Anliegen noch auf die deutschen Kolonialverbrechen und den Völkermord an den Nama ein. Stattdessen verwies das Unternehmen lediglich auf die bestehende Absichtserklärung mit Hyphen und betonte, dass die Umsetzung vom Ergebnis der Due-Diligence-Prüfungen abhängig sei. Im Kontext eines Projekts von der Größenordnung Hyphens stellt ein solche Erklärung jedoch eine faktische wirtschaftliche Vorabzustimmung dar – besonders relevant angesichts der Volatilität und Unsicherheit der Marktpreise für grünen Wasserstoff.  

El marco

Dieser Fall baut auf der laufenden Arbeit des ECCHR mit den Nama und namibischen Partner*innen zur Aufarbeitung der deutschen Kolonialverbrechen - einschließlich des Völkermordes - auf. Er veranschaulicht, wie aktuelle Abbaupraktiken koloniale Muster fortsetzen und dabei wertvolle Ökosysteme zerstören.  

Das grüne Wasserstoffprojekt ist in Great Namaqualand geplant - dem Stammesgebiet des indigenen Volkes der Nama. Durch den deutschen Kolonialismus wurden die Nama im Zuge des ersten Völkermords des 20. Jahrhunderts von ihrem Land vertrieben, getötet, vergewaltigt und in Konzentrations- und Zwangsarbeitslagern ausgebeutet. Während dieser Zeit erklärten die deutschen Kolonialherren das Gebiet zum “Sperrgebiet” und beuteten es für den Diamantenabbau aus. Später wurde es in einen Nationalpark umgewandelt und ist heute der einzige international anerkannte Biodiversitäts-Hotspot in Trockengebieten.  

Hyphen Ltd. ist ein namibisches Joint Venture des deutschen Unternehmens für erneuerbare Energien Enertrag SE und des britischen Unternehmens Nicholas Holdings. Die deutsche Bundesregierung hat gegenüber Enertrag SE ihre Absicht bekundet, Hyphen Ltd. als „strategisches Auslandsprojekt“ anzuerkennen. RWE unterzeichnete eine Absichtserklärung mit Hyphen, in der das Unternehmen zusagte, im Rahnen seiner Bemühungen zur Senkung der CO2-Emissionen einen Teil des produzierten Amoniaks zu kaufen.  

Angesichts des kolonialen Erbes Deutschlands in der Region ist es von entscheidender Bedeutung, dass bei jedem Projekt, an dem deutsche Unternehmen beteiligt sind oder das von der Bundesregierung unterstützt wird, eine angemessene Beteiligung der Nama gewährleistet ist. Andernfalls wird das koloniale Erbe deutscher staatlicher und privater Akteure fortgeschrieben.

Das ECCHR vertritt die Auffassung, dass groß angelegte Energiewendeprojekte nicht auf Kosten der Menschenrechte - insbesondere der Rechte indigener und in Stämmen lebender Gemeinschaften - umgesetzt werden dürfen. Ein gerechter Übergang zu einer kohlenstoffarmen Zukunft erfordert die Achtung der Menschenrechte sowie den Schutz wertvoller Ökosysteme. In diesem Fall steht besonders viel auf dem Spiel: Energieprojekte dürfen nicht auf den Grundlagen kolonialer Ausbeutung errichtet werden. Indem RWE Hyphen Ltd. unterstützt, ohne eine echte Konsultation mit den betroffenen indigenen Völkern sicherzustellen, vernachlässigt das Unternehmen seine menschenrechtlichen Verpflichtungen - und betreibt damit Energiekolonialismus.

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