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Schwere Freiheitsberaubung im Mittelmeer und Rückführung nach Libyen: Der IStGH muss gegen EU-Akteur*innen ermitteln

Libyen – Europa – Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Schutzsuchende, die bei der Überquerung des Mittelmeeres festgehalten und unter Zwang in libysche Haftzentren zurückgebracht werden, sind dort schwersten Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Trotz des Wissens um diese Verbrechen verstärkte viele EU-Akteur*innen ihre Zusammenarbeit mit Libyen. Um der Straflosigkeit ein Ende zu setzen, haben wir im November 2022 eine Strafanzeige beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) gegen 24 Personen, davon 16 hochrangige Entscheidungsträger*innen von EU-Mitgliedstaaten, der EU-Kommission, der EU-Grenzschutzagentur FRONTEX, des Europäischen Auswärtigen Dienstes EESA und der EU-Militärmission EUNAVOR MED, eingereicht.

El caso

Seit 2016 verstärkte die EU den Aufbau von Kapazitäten sowie die operative Unterstützung der sogenannten libyschen Küstenwache: Bereitgestellt werden Finanzmittel, Patrouillenboote, Ausrüstung und Schulungen. Darüber hinaus sind die EU-Akteur*innen direkt an den Zwangsrückführungen nach Libyen beteiligt, u. a. durch die Bereitstellung von durch FRONTEX-Drohnen erlangte Informationen über den Standort von Booten in Seenot. Dies verdeutlicht, welche entscheidende Rolle hochrangige Entscheidungsträger*innen bei der Freiheitsberaubung von Schutzsuchenden, die  aus Libyen fliehen, spielen. 

Die Strafanzeige stützt sich auf neue Beweise, die schwere körperliche Freiheitsberaubung in mindestens zwölf Fällen belegen, die sich gegen Schutzsuchende im Mittelmeer im Zeitraum zwischen 2018 und 2021 richteten. Bereitgestellt wurden die Informationen von Sea-Watch sowie von weiteren Seenotrettungs- und zivilgesellschaftlichen Organisationen und Investigativjournalist*innen. Die dokumentierten Vorfälle ermöglichen einen detaillierten Einblick in die enge Zusammenarbeit von EU-Mitgliedsstaaten und EU-Organen und Institutionen – einschließlich FRONTEX und EUNAVOR MED – einerseits und libyschen Akteur*innen andererseits, sowohl auf politischer als auch auf operativer Ebene. Insbesondere verdeutlichen die Informationen, wie Schutzsuchende im Mittelmeer gewaltsam nach Libyen zurückgeführt werden, wo sie erneut inhaftiert und schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt werden. Die Strafanzeige benennt die individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit 16 hochrangiger mutmaßlicher Täter*innen, darunter einige Minister*innen. Der IStGH muss endlich den Kreislauf der Straflosigkeit durchbrechen und Ermittlungen aufgrund schwerer Menschenrechtsverbrechen gegen Schutzsuchende einleiten, einschließlich solcher, die im Zusammenhang mit Zwangsrückführungen in libysche Haftzentren begangen werden.

El marco

Seit 2011 untersucht der IStGH die Situation in Libyen. Doch bisher wurden keine Verfahren zu Verbrechen gegen Schutzsuchende eingeleitet, obwohl der IStGH anerkennt, dass es sich um mögliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen handelt. Bereits im November 2021 reichte das ECCHR in Zusammenarbeit mit seinen Partnern Lawyers for Justice in Libya (LFJL) und der International Federation for Human Rights (FIDH) eine Strafanzeige beim IStGH ein. Diese Strafanzeige fordert die Einleitung einer Untersuchung über die Verantwortung bewaffneter Gruppen, Milizen und staatlicher libyscher Akteur*innen, die an der Begehung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegen Schutzsuchende in Libyen beteiligt sind. Seither haben sich der IStGH und einige europäische Staaten in einem gemeinsamen Ermittlungsteam zusammengeschlossen und begonnen, Haftbefehle zu erlassen und erste Verfahren zu führen.

Wir fordern die Anklagebehörde des IStGH dazu auf, die schwere Freiheitsberaubung sowie die in der Strafanzeige genannten Entscheidungsträger*innen mit in ihrer Ermittlungen der Verbrechen und Tatverdächtigen in Libyen aufzunehmen. Das System der schrecklichen Ausbeutung und des Missbrauchs von Schutzsuchenden im libyschen Kontext hält weiter an. Der IStGH muss endlich die Hauptverantwortlichen libyschen und europäischen Akteur*innen zur Rechenschaft ziehen.

Bases

Q&A zum rechtlichen Hintergrund

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