Im März 2019 reichte H.T. eine Individualbeschwerde gegen Deutschland und Griechenland beim EGMR mit Unterstützung vom Greek Council for Refugees ein. Der Syrer argumentierte, dass seine Zurückweisung durch Deutschland und seine spätere Haft in Griechenland mehrere Artikel der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verletzen: Artikel 3 (Verbot von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung), Artikel 5 (Recht auf Freiheit und Sicherheit) und Artikel 13 (Recht auf effektiven Rechtsschutz).
Das ECCHR und seine Partner PRO ASYL und Refugee Support Aegean reichten in diesem Verfahren im Oktober 2020 eine Stellungnahme („Drittintervention“) ein, in der sie die rechtlichen Folgen von automatischen Zurückweisungen in Bezug auf die EMRK und EU-Recht analysierten. In der Einreichung betonten das ECCHR und seine Partner, dass Deutschland Geflüchteten und Migrant*innen Zugang zu einem Verfahren garantieren muss, das die verschiedenen Risiken im Zielland, in diesem Fall Griechenland, abwägt. Das umfasst: unmenschliche Haftbedingungen, generelle Missstände im Asylsystem, das Risiko einer Kettenabschiebung in die Türkei sowie die entwürdigenden Lebensverhältnisse für Geflüchtete und Migrant*innen.
Deutschland wurde vom EGMR unter anderem für eine Verletzung der Verpflichtungen aus Artikel 3 EMRK, dem Verbot der unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung, verurteilt. Dem Antragsteller wurden falsche Informationen über das Zielland und die rechtliche Grundlage der Zurückweisung gegeben, ihm wurde nicht erklärt, wie er rechtlich gegen sie vorgehen kann und er hatte keinen Zugang zu anwaltlicher Beratung und Sprachmittlung.
Mit dem Verwaltungsabkommen wurden auch die erforderlichen rechtlichen Garantien nicht sichergestellt, betonte das Gericht. Vor allem hätte Deutschland prüfen müssen, ob H.T. in Griechenland effektiven Zugang zu einem Asylverfahren haben würde und dass er dort keinen Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sein würde. Tatsächlich wurde dann in Griechenland aufgrund der Bedingungen, unter denen H.T. inhaftiert war, gegen Art. 3 EMRK verstoßen.