Donate now! Donate

Freispruch für Seenotretter*innen der Iuventa

Italien – Seenotrettung – Iuventa

Das Schiff Iuventa ist 2016 in See gestochen, um Menschenleben auf dem Mittelmeer zu retten und gegen Europas abgeschottete Grenzen zu protestieren. Innerhalb von nur einem Jahr barg die Freiwilligen-Crew mehr als 14.000 Schutzsuchende und Migrant*innen in Seenot. Doch 2017 beschlagnahmte die italienische Regierung das Schiff. Nach mehrjährigen Ermittlungen folgte 2021 die Anklage: Beihilfe zur illegalen Einreise von Migrant*innen. Am 19. April 2024, nach zwei Jahren und über 40 Anhörungen, sprach das Gericht von Trapani die Angeklagten frei und stellte das Vorverfahren ein. 

Der Fall der Iuventa steht beispielhaft dafür, dass überall auf der Welt Solidarität kriminalisiert und ziviler Widerstand eingeschränkt wird. Der Freispruch hat weitreichende Folgen. Er geht über die direkt angeklagten Personen hinaus und betrifft die gesamte zivile Seenotrettung als wichtige Säule der Solidarität mit Menschen auf der Flucht. Er wird sich auch auf den rechtlichen Rahmen für solche Rettungsaktionen auswirken und die Zukunft der Seenotrettung prägen.

El caso

Im Mai 2022 begann das Vorverfahren gegen vier Crew-Mitglieder der Iuventa, 17 weitere Personen und drei Organisationen: die NGOs Save the Children und Ärzte ohne Grenzen sowie die Reederei, der die Schiffe Vos Hestia und Vos Prudence gehören, mit denen die beiden NGOs ihre Seenotrettungseinsätze fahren. Sollten die Beschuldigten verurteilt werden, drohen ihnen bis zu 20 Jahre Haft und Strafen in Millionenhöhe. Wären die Beschuldigten verurteilt worden, hätte ihnen bis zu 20 Jahre Haft und Strafen in Millionenhöhe gedroht.

Doch das Vorverfahren durfte nicht hinter verschlossenen Türen stattfinden, denn es hat große Auswirkungen auf Geflüchtete, Migrant*innen und die zivilgesellschaftliche Arbeit. Deshalb beantragten das ECCHR und andere Menschenrechtsorganisationen die Prozessbeobachtung.

Die Anschuldigungen gegen Seenotretter*innen wie die Iuventa-Crew sind ein schwerer Angriff auf zivilgesellschaftliche Akteure, die die Grundrechte von Geflüchteten und Migrant*innen verteidigen. Deshalb reichte das ECCHR bereits im November 2019 eine Beschwerde beim UN-Sonderberichterstatter zur Lage von Menschenrechtsverteidiger*innen ein. Das zentrale Argument: Die strafrechtlichen Ermittlungen gegen die Iuventa-Crew und die damit einhergehende mediale Schmutzkampagne, angefeuert durch die italienischen Behörden, verletzen die UN-Erklärung zu Menschenrechtsverteidiger*innen und den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (UN-Zivilpakt). Im Oktober 2020 verurteilte die UN-Sonderberichterstatterin Italiens das Vorgehen gegen die Seenotretter*innen öffentlich und forderte, die Anklagen fallenzulassen.

El marco

2014 hatte Italien seine eigene Seenotrettungsmission auf dem Mittelmeer, Mare Nostrum, eingestellt. Daraufhin schritten zivilgesellschaftliche Organisationen ein, um Menschen in Seenot zu retten. Die Geflüchteten und Migrant*innen, die über das zentrale Mittelmeer fliehen, wollen oft auch den brutalen Zuständen in Libyen entkommen – Zuständen, die als Verbrechen gegen die Menschlichkeit qualifiziert werden könnten.

Seenotrettung ist kein Verbrechen. Im Gegenteil: internationales See- und Menschenrecht verpflichtet Schiffe dazu, Menschen in Seenot zu retten, unabhängig von der Nationalität oder dem Status der Personen oder den Umständen, unter denen sie gefunden werden. Seenot liegt nicht nur dann vor, wenn sich eine Person im Wasser befindet und zu ertrinken droht, sondern wenn eine Person oder ein Schiff in unmittelbarer Gefahr ist. Bereits ein völlig überladenes Boot, das Fehlen einer qualifizierten Besatzung oder eine unzureichende Sicherheits- und Navigationsausrüstung erfordern sofortige Hilfe.

Die zivilen Seenotretter*innen wurden aktiv, weil nationale und europäische Behörden ihrer völkerrechtlichen Pflicht nicht mehr nachkamen. Doch europäische Staaten wie Italien verschärften ihre Einwanderungsregelungen massiv und unterstützten etwa die libysche Küstenwache mit Ausrüstung und Trainings, um Menschen von der Flucht aus Nordafrika abzuhalten, während sie gleichzeitig die zivile Seenotrettung zunehmend kriminalisierten.

Media

To display YouTube we need your

consent to marketing cookies

By doing so, you accept the data protection declaration of ECCHR and YouTube/Google

Bases

Das ECCHR und weitere Menschenrechtsorganisationen – Amnesty International, Giuristi Democratici, Swiss Democratic Lawyers, European Democratic Lawyers and the European Association of Lawyers for Democracy & World Human Rights – haben sich zusammengetan, um das Vorverfahren in dem Seenotrettungsfall zu dokumentieren. Hier lesen Sie unsere Berichte.

documentos (3)

colaboraciones

Map

To display Google Maps we need your

consent to marketing cookies

By doing so, you accept the data protection declaration of ECCHR and Google Maps