Zur Frage der Verwertung von Informationen, die unter Folter erlangt wurden, hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am 25. September 2012 ein wegweisendes Urteil gefällt. Rechtsanwalt Christophe Marchand aus Brüssel hatte für den marokkanischen Staatsbürger El Haski Beschwerde gegen dessen Verurteilung durch ein belgisches Strafgericht wegen angeblicher Terrorismus-Straftaten auf Grundlage mutmaßlich durch Folter erlangter Informationen eingereicht. ECCHR und die britische Menschenrechtsorganisation REDRESS reichten gemeinsam ein Rechtsgutachten in dem Fall ein.
Der Fall El Haski
Keine Verwertung von erfolterten Beweisen
USA – Guantánamo – El Haski
El caso
Der marokkanische Staatsbürger El Haski wurde 2004 in Belgien wegen verschiedener Delikte im Zusammenhang mit einer terroristischen Vereinigung, die in Afghanistan und Marokko aktiv sein soll, zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Bei dieser Verurteilung wurden Zeugenaussagen aus Marokko verwertet, die mutmaßlich durch Misshandlung und Folter erlangt wurden.
El marco
Die Verwertung von durch Folter erlangten Beweisen ist nach mehreren internationalen Abkommen, deren Unterzeichner auch Belgien ist, verboten. Durch dieses Verbot der indirekten Verwendung von erfolterten Informationen auch in dritten Staaten soll die Anwendung von Folter und ähnlichen Methoden für staatliche Ermittlungsbehörden unattraktiv gemacht und die Rechte der Angeklagten sowie die Integrität des Strafverfahrens an sich geschützt werden.
In dem Gutachten wird dargelegt, dass der Angeklagte nicht konkret nachweisen müsse, dass er gefoltert wurde. Es müsse in solchen Fällen vielmehr ausreichen, dass dies glaubhaft sei. Dem folgte der Gerichtshof, der zur Einhaltung von fairen Verfahrensstandards den Nachweis einer reellen Gefahr, dass Beweismittel unter Folter erlangt wurden, ausreichen lässt. Terrorismusverdächtige werden in Marokkos Gefängnissen regelmäßig gefoltert. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stellte deshalb in seinem Urteil eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren fest und verurteilte Belgien.
Quotes
documentos (4)
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Hintergrundbericht: Fall El Haski – Keine Verwertung von erfolterten Beweisen
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Entscheidungsanmerkung: "Reales Risiko" der Folter oder unmenschlichen Behandlung reicht für ein Beweisverwertungsverbot
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Press Release: Human Rights Court criticizes use of alleged torture evidence in Belgium (27 September 2012)
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Amicus Curiae Brief: El-Haski