Die OECD-Beschwerden gegen europäische Baumwollhändler

Usbekistan – Textilindustrie – Zwangsarbeit

Die Menschenrechtssituation in Usbekistan ist mehr als besorgniserregend. Usbekistan gilt als eines der repressivsten Regime der Welt. Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist stark eingeschränkt. Menschenrechtsverteidiger*innen und Journalist*innen werden schikaniert, geschlagen, strafrechtlich verfolgt und inhaftiert. Folter und andere Misshandlungen werden in der Strafjustiz systematisch eingesetzt. Die Zwangsarbeit von Kindern und Erwachsenen in der Baumwollernte unter Einbeziehung von Millionen Menschen wird staatlich organisiert.

Fall

Über Jahrzehnte hinweg hat die usbekische Regierung jeden Herbst die Schließung hunderter Schulen angeordnet. Zwischen 1,5 und 2 Millionen Kinder, aber auch Lehrer*innen, Staatsangestellte und Arbeitnehmer*innen aus der privaten Wirtschaft wurden jedes Jahr vom Staat gezwungen, wochenlang unter prekären Bedingungen Baumwolle zu ernten. Auf internationalen Druck hin hat die usbekische Regierung 2012 zwar weniger kleine Kinder zur Ernte gezwungen. Dafür hat sie jedoch die zwangsweise Mobilisierung von Kindern ab 15 Jahren und von Studierenden und Erwachsenen drastisch erhöht. Auch die Repressalien gegen diejenigen, die sich gegen diese Praxis zur Wehr setzen, sind stark ausgeweitet worden.

Usbekistan ist einer der größten Baumwollexporteure der Welt. Baumwolle erbringt dem Land jährlich über eine Milliarde US-Dollar und damit etwa 20 Prozent des Bruttoinlandproduktes. Ursache für das große Ausmaß von Zwangsarbeit, die einen Verstoß gegen Konvention 105 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) darstellt, ist die monopolistische und planwirtschaftliche Organisationsform der Baumwollindustrie, die eine Quotenregelung für das ganze Land vorsieht. Kinder, die unter diesen Bedingungen arbeiten, leisten unter Verstoß gegen Konvention 182 der ILO „schlimmste Formen der Kinderarbeit“. Der Großteil des erzielten Gewinns fließt in die Hände der Eliten rund um die usbekische Regierung. Bauern und Bäuerinnen, Arbeiter*innen und die Familien der Kinder hingegen profitieren nicht davon.

Die ILO hat das Land wiederholt aufgefordert, eine unabhängige Mission unter Beteiligung von internationalen Regierungsvertreter*innen, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden mit ungehindertem Zugang zu den Baumwollfeldern zur Beobachtung der Ernte ins Land zu lassen. Obwohl Usbekistan die einschlägigen ILO-Konventionen ratifiziert hat, wurde dies bisher verweigert.

Kontext

Das ECCHR setzt sich auf unterschiedlichen Wegen dafür ein, dass die politischen und wirtschaftlichen Interessen westlicher Akteure die Menschenrechte in Usbekistan nicht wie bisher untergraben, sondern dass Deutschland, die Europäische Union und die Internationale Arbeitsorganisation Menschenrechte stärken und verantwortliche Akteure zur Verantwortung ziehen. So hat das ECCHR Strafanzeige gegen usbekische Regierungsangehörige wegen massiver Menschenrechtsverletzungen erstattet und später Beschwerden bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gegen europäische  Handelsunternehmen eingelegt, die unter Verletzung internationaler Standards usbekische Baumwolle beziehen.

Das ECCHR ist aktives Mitglied der Cotton Campaign, einem internationalen Zusammenschluss von Menschenrechtsorganisationen, der sich für ein Ende der Zwangs- und Kinderarbeit in Usbekistan einsetzt.

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Baumwollernte in Usbekistan
Baumwollernte in Usbekistan

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