Klage für faire Arbeitsbedingungen in Bangladesch: Lidl muss nachgeben

Bangladesch – Textilindustrie – Lidl

Eine Klage des ECCHR im Lidl-Fall hat zum Erfolg geführt: Lidl verpflichtete sich wenige Wochen nach der Klage in einer Unterlassungserklärung gegenüber der Verbraucherzentrale, das beanstandete Werbeversprechen mit Bezug auf weltweit faire Arbeitsbedingungen zurückzuziehen.

Lidl darf jetzt nicht mehr in Werbeprospekten behaupten: „Wir handeln fair! Jedes Produkt hat eine Geschichte. Uns ist wichtig, wer sie schreibt. Lidl setzt sich weltweit für faire Arbeitsbedingungen ein. Wir bei Lidl vergeben deshalb unsere Non-Food-Aufträge nur an ausgewählte Lieferanten und Produzenten, die bereit sind und nachweisen können, soziale Verantwortung aktiv zu übernehmen. Wir lehnen grundsätzlich jegliche Form von Kinderarbeit oder Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen in den Produktionsstätten unserer Waren ab. Wir sichern diese Standards nachhaltig.“

Fall

Die Verbraucherzentrale Hamburg (VZHH) reichte im April 2010 auf Initiative des ECCHR und der Kampagne für Saubere Kleidung (CCC) gegen Lidl eine Klage ein wegen unlauteren Wettbewerbs mit vermeintlich guten Arbeitsbedingungen in der Zulieferkette. Die Klage wirft Lidl vor, wahrheitswidrig bei Verbraucherinnen und Verbrauchern über gezielte Werbung den Eindruck zu erwecken, dass die Arbeitsbedingungen in Lidl-Zulieferbetrieben grundsätzlich gut seien und den von Lidl aufgestellten Mindeststandards entsprächen.

Tatsächlich konnte eine Studie der CCC und des ECCHR das Gegenteil zeigen: Die befragten Näherinnen mehrerer Zulieferbetriebe Lidls in Bangladesch berichteten von unmenschlichen Arbeitsbedingungen: überlange Arbeitszeiten, Lohnabzüge als Strafmaßnahmen, mangelnde und intransparente Vergütung von Überstunden, Verhinderung von Gewerkschaftsarbeit und Diskriminierung von weiblichen Beschäftigten. Die beschriebenen Verhältnisse verstoßen gegen die Konventionen der International Labour Organization (ILO), den BSCI-Verhaltenskodex und gegen die Selbstverpflichtung Lidls.

Kontext

Auf die Diskussion über die Verantwortung der europäischen Unternehmen für die Arbeitsbedingungen in ihren Zulieferbetrieben und den Druck der Kunden reagieren viele Unternehmen mit Initiativen freiwilliger Selbstverpflichtung. Auch Lidl ist seit 2006 Mitglied einer solchen Initiative, der Business Social Compliance Initiative (BSCI), um Corporate Social Responsibility (CSR) zu demonstrieren. Diese internationale Initiative des Einzelhandels hat zum erklärten Ziel, die Arbeitsbedingungen entlang der Lieferketten zu verbessern.

Der BSCI-Verhaltenskodex enthältunter anderem Regelungen zur maximalen Arbeitszeit, zu Löhnen, zur Diskriminierung und zur Gewerkschaftsfreiheit, in Anlehnung an die Arbeitsrechtskonventionen der Internationalen Arbeitsorganisation.

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Definition

Hard law/soft law

Der Begriff soft law bezeichnet Übereinkünfte, Leitlinien oder Absichtserklärungen, die nicht rechtlich bindend sind. Soft law findet vor allem auf internationaler Ebene Anwendung. Resolutionen der UNO-Generalversammlung ein Beispiel für soft law. Hard law hingegen bezeichnet eine verbindliche rechtliche Verpflichtung der Beteiligten, die somit auch vor Gericht eingeklagt werden kann.

Themen (1)

Einblick

Textilindustrie

Der Einsturz des Fabrikgebäudes Rana Plaza im April 2013 in Dhaka (Bangladesch) und der Brand bei Ali Enterprises im September 2012 in Karatschi (Pakistan): Zwei besonders drastische Beispiele für menschenunwürdige Arbeitsbedingungen in der Produktion für den europäischen Markt in Südasien. Löhne unter dem Existenzminimum, extreme Überstunden an sechs bis sieben Tagen die Woche, Misshandlungen und Diskriminierungen am Arbeitsplatz, die Unterdrückung gewerkschaftlicher Organisation und immer wieder schwere Arbeitsunfälle und Brandkatastrophen – das ist traurige Realität von Millionen von Arbeiterinnen und Arbeitern in Süd- und Ostasien. Europäische Unternehmen verschärfen die ohnehin schlechten Arbeitsbedingungen durch harte Preisvorgaben und Liefertermine. Den Druck der Auftraggeber geben die Fabrikbesitzer*innen an die Arbeiter*innen weiter.

Zwar verpflichten europäische Unternehmen die Zulieferer auch zur Einhaltung von Verhaltenskodizes und beauftragen Zertifizierungsunternehmen mit der Kontrolle der Arbeitsbedingungen. Wie aber der Fall der Ali-Enterprises-Fabrik zeigt, sind solche Sozial-Audits und Zertifizierungen völlig ungeeignet, um die Arbeitsrealität für die Arbeiter_innen vor Ort zu verbessern. Umso wichtiger ist es, aufzuklären, welche Verantwortung Zertifizierungsfirmen und Unternehmen wie der deutsche Textildiscounter KiK tragen.

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